Lange gemeinsame Geschichte Darum ist das BVB-Spiel gegen die Rangers eine besondere Partie

Dortmund · Dortmunds Europa-League-Duell mit den Glasgow Rangers am Donnerstag ist ein Fest für Traditionalisten. Beide Klubs verbindet eine lange gemeinsame Geschichte im internationalen Fußball.

Manfred Burgsmüller (BVB, Mitte) im Uefa Cup gegen die Glasgow Rangers im September 1982.

Manfred Burgsmüller (BVB, Mitte) im Uefa Cup gegen die Glasgow Rangers im September 1982.

Foto: imago sportfotodienst

1966 war sicher nicht das schlechteste Jahr im deutschen Fußball. Borussia Dortmund trug tüchtig dazu bei. Zunächst holte sich der Klub Anfang Mai als erster deutscher Verein einen Europapokal. Im Hampden Park von Glasgow gewann das Team gegen den als unbesiegbar geltenden FC Liverpool sensationell mit 2:1 nach Verlängerung das Endspiel im Wettbewerb der Pokalsieger.

Dann standen die beiden populärsten Dortmunder Spieler, die Stürmer Sigfried „Sigi“ Held und Lothar „Emma“ Emmerich im Finale der Weltmeisterschaft, das auch durch das bis heute so leidenschaftlich umstrittene Wembley-Tor (oder eben -Nichttor) mit 2:4 gegen England verloren ging. Der BVB war wer in Europa.

Es war allerdings schon damals nicht so leicht, vom Fußballhimmel wieder auf den Boden zu kommen. Und so verpatzte die Mannschaft nicht nur den Bundesligastart der folgenden Saison durch ein 1:2 gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf. Auch im Europapokal war bereits im Achtelfinale Endstation. Das Hinspiel bei den Glasgow Rangers verlor der BVB mit 1:2 – lediglich Horst Trimhold traf. Held und Emmerich wurden ihrem neuen Spitznamen, den ihnen die Sportjournalisten auf der Insel verpasst hatten, nicht gerecht. „Terrible Twins“ (fürchterliche Zwillinge) wurden sie genannt. Diesmal verbreiteten sie so wenig Schrecken wie im Rückspiel, das torlos endete. Vielleicht hatte „Emma“ nicht ausdauernd genug „Gib mich die Kirsche!“ gerufen. So erinnerte er die Mitspieler gütig daran, ihm den Ball zu servieren.

Es waren die ersten beiden von acht Spielen gegen die Rangers im Europapokal. Ein gütiges Los führt die Dortmunder nun in der Europa League wieder mit dem Klub aus Glasgow zusammen (Hinspiel am Donnerstag). Die Vorzeichen haben sich dabei längst verkehrt. Die Rangers waren früher ebenso wie der schottische Fußball allgemein eine große Nummer in Europa. Davon kann keine Rede mehr sein. Der BVB, die Bundesliga und der deutsche Fußball sind vorbeigezogen.

Begegnungen mit schottischen Teams und ihren leidenschaftlichen Fans aber haben ihren großen Reiz behalten. Das weiß auch Michael Zorc. „Es ist ein sehr attraktiver Gegner“, findet der Dortmunder Sportdirektor, „ich habe 1982 gegen die Rangers mein erstes Europapokalspiel gemacht.“ Es war die Zeit, in der Zorc mit seinem Kumpel Ralf Loose nach dem Junioren-Weltmeistertitel zu den Erwachsenen wechselte. Sie standen in einer Mannschaft mit Eike Immel, Franz-Josef Tenhagen, Rolf Rüssmann und Manfred Burgsmüller. Und die ganz großen Erfolge waren noch weit weg. Bei Zorcs Debüt holten die Rangers in Dortmund ein 0:0 in der ersten Runde des Uefa-Pokals, das Rückspiel gewannen die Schotten mit 2:0. Zorcs private Geschichte hielt reichlich Entschädigungen bereit. Er gewann mit dem BVB als Spieler deutsche Meisterschaften, den DFB-Pokal und als Krönung die Champions League.

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In derartige Höhen sind die Rangers nicht vorgestoßen. In ihrer internationalen Bilanz steht ein Sieg im Europapokal der Pokalsieger. 1972 gewannen sie in Camp Nou von Barcelona gegen Dynamo Moskau mit 3:2. Die Begleitumstände waren wenig feierlich. Es gab einen Platzsturm und heftige Ausschreitungen. Die Rangers wurden gesperrt, zunächst für zwei Jahre, nach einem Einspruch für ein Jahr. Die bedeutende europäische Geschichte ist damit beinahe erzählt.

Dafür ist die Titelsammlung im eigenen Land so furchterregend, wie es die schrecklichen Zwillinge Held und Emmerich einmal für gegnerische Abwehrreihen waren. 55 schottische Meisterschaften feierte der Klub, meist im einsamen Rennen gegen den von Herzen ungeliebten Lokalrivalen Celtic. Mit ihm sind die Rangers in einem der größten Derbys des Fußballs verbunden. Die Spiele der Ortsrivalen nennen die Sportbücher „Old Firm“. Dabei geht es weder auf den Rängen noch auf dem Platz vornehm zu.

Die heftige Rivalität speist sich aus der Tradition der Klubs, die für die christlichen Konfessionen stehen – die Rangers für die Protestanten, Celtic für die katholischen Einwanderer aus Irland. Die Geschichte dieser Derbys begann, heute kaum vorstellbar, mit einem Freundschaftsspiel. Das war 1888, in den Frühzeiten des schottischen Fußballs. Er gelangte aber schon auf ein professionelles Niveau, als das Spiel hierzulande von Anhängern der Turnbewegung noch als „Fußlümmelei“ abgetan wurde.

Aufzuhalten war der Sport allerdings nicht. Auch in Dortmund nicht. Der Legende nach gründeten junge Leute den Verein, weil der Kaplan Hubert Dewald gegen das „wilde und rohe Treiben“ auf dem Fußballplatz predigte und ihnen das Spiel in der Gemeinde verbieten wollte. 1909 war das. Die Rangers gab es da schon 36 Jahre.

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