Fragen und Antworten zum BVB-Trainer Was wird aus Thomas Tuchel?

Düsseldorf · Ein Saisonhöhepunkt steht Borussia Dortmund nach dem Pokalfinale noch bevor: Die Entscheidung im Streitfall zwischen der Vereinsführung und Trainer Thomas Tuchel. Trotz des Erfolgs gegen Eintracht Frankfurt scheint eine Trennung vom Trainer sicher. Alle Fragen und Antworten zu der Debatte.

Wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen?

In dieser Woche wollen sich die Verantwortlichen von Borussia Dortmund mit Trainer Thomas Tuchel zusammensetzen. Dem Vernehmen nach bereits an diesem Montag oder Dienstag. Eine Entscheidung könnte entsprechend zeitnah fallen. Die offizielle Tendenz lautet: ergebnisoffen. Inoffiziell scheint eine Trennung jedoch bereits beschlossene Sache zu sein.

Warum will sich der BVB überhaupt von Tuchel trennen?

Sportlich hat der Trainer alle Ziele erreicht. Es geht eher um atmosphärische Schwierigkeiten im Umgang mit der Chefetage. Alles fing mit dem Streit Tuchels mit dem beim BVB sehr geschätzten Sven Mislintat an. Tuchel erteilte Mislintat, der als Chefscout etliche Top-Talente zum BVB lotste, sogar Trainingsplatz-Verbot. Der BVB reagierte und beförderte Mislintat zum Leiter Profifußball. Rückendeckung für den Coach sieht anders aus. Die Entfremdung von Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erreichte zuletzt mit Watzkes Interview, in dem er einen Dissens mit Tuchel über die Neuansetzung der Partie gegen Monaco bestätigte, ihren Höhepunkt.

Möchte Thomas Tuchel überhaupt weitermachen?

Seinen Aussagen nach dem DFB-Pokalsieg zufolge ja. "Ich habe drei Jahre Vertrag und möchte den auf jeden Fall erfüllen, wenn das geht. Aber wir werden abwarten müssen. Ich gebe weiter mein ganzes Herzblut und meine Leidenschaft in die Mannschaft". Clever von Tuchel, dem Vorstand den Ball (und damit auch den Schwarzen Peter) zuzuspielen.

Erleidet Hans-Joachim Watzke einen Imageschaden?

Watzke suchte nach dem Pokalsieg bewusst die Nähe zum Verein und den Fans. "Ich liebe diesen Verein. Ich bin so stolz. Ich werde nie irgendetwas für einen anderen Verein machen", erklärte er. Unbeschadet wird aber auch er nicht aus der Sache herauskommen. Im Stadion nach dem Pokalsieg waren aus dem Fanblock auch "Thomas Tuchel"-Rufe zu hören. In Zeiten, in denen es nur Schwarz oder Weiß beim BVB zu geben scheint, ein Bekenntnis zum Trainer. Die Art und Weise, in der Watzke in der Angelegenheit agiert, missfällt vielen Anhängern.

Wie steht die Mannschaft zu Tuchel?

Unterschiedlich. Kapitän Marcel Schmelzer scheute sich nach dem Pokalsieg nicht, den Trainer öffentlich für die Ausbootung Nuri Sahins zu kritisieren. In der Vergangenheit wurden in anderen Medien weitere kritische Stimmen in der Mannschaft öffentlich — anonym. Allerdings soll eine Vertrauensfrage nach einem Bericht der "SportBild" vor wenigen Wochen gegen den Trainer ohne negative Reaktionen geblieben sein. "Zwischen mir und der Mannschaft herrscht maximales Vertrauen. Sonst wäre so eine Leistung, wie wir sie bringen, auch nicht möglich", sagte Tuchel zuletzt.

Wie teuer könnte die Trennung werden?

Tuchel besitzt bei den Schwarz-Gelben einen gültigen Vertrag bis zum Sommer 2018. Bei einer vorzeitigen Beendigung seitens des Vereins würde somit eine Abfindung fällig werden. Nach Informationen der "Bild" soll diese vertraglich bei 2,9 Millionen Euro liegen. Im Falle einer Verpflichtung von Lucien Favre wäre zudem eine Ablösezahlung gegenüber dem OGC Nizza fällig — bei den Franzosen steht Favre noch bis Sommer 2019 unter Vertrag.

Wer könnte Nachfolger von Tuchel werden?

Seit Wochen wird öffentlich der Name Lucien Favre genannt. Medienberichten zufolge soll eine Einigung mit dem Ex-Trainer von Hertha BSC und Borussia Mönchengladbach sogar unmittelbar bevorstehen, Watzke dementierte jedoch. Lösungen mit Stallgeruch wären Paulo Sousa (derzeit AC Florenz) oder David Wagner (Huddersfield Town): Der eine gewann 1997 mit Dortmund als Spieler die Champions League, der andere trainierte die BVB-Amateure. Ein anderer Kandidat wäre noch Peter Bosz, aktuell bei Ajax Amsterdam verantwortlich. Namen wie Laurent Blanc, Claudio Ranieri oder Diego Simeone können dagegen als wilde Spekulationen abgetan werden.

Was würde Tuchel im Falle einer Trennung machen?

Möglich ist ein Jahr Auszeit, wie es sich der Trainer bereits in der Saison vor seinem Engagement in Dortmund gönnte. An möglichen Interessenten sollte es ihm in Zukunft allerdings nicht mangeln, in Deutschland und Europa genießt er einen exzellenten Ruf. Gerüchte gibt es auch hier viele: In England wird er oft als Nachfolger von Arsène Wenger beim FC Arsenal gehandelt. Die Bayern haben ihn zudem langfristig als Nachfolger von Carlo Ancelotti auf dem Zettel. Und auch bei Bayer Leverkusen fiel der Name. Dass sich Tuchel nach Dortmund und vor den Bayern noch einen Zwischenschritt in der Bundesliga gönnt, erscheint aber eher unrealistisch. Ein Sabbatjahr oder ein sofortiger Wechsel ins Ausland erscheinen logischer.

(dbr/can)
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