Borussia Dortmund Kein Platz für Mario Götze?

Dortmund · Mario Götze hatte sich den sportlichen Start in das neue Jahr bei Borussia Dortmund mit Sicherheit anders vorgestellt. Dick eingemummelt verfolgte der Weltmeister 90 Minuten den glücklichen 2:1-Sieg seiner Kollegen in Bremen. Der verlorene Sohn scheint auch ein halbes Jahr nach seinem Wechsel zurück aus München nicht beim BVB angekommen zu sein.

Mario Götze bei Kantersieg von Borussia Dortmund erneut nur Zuschauer
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Götze sieht Kantersieg des BVB von der Bank aus

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Mario Götze kann machen, oder eben nicht machen, was er will — die Schlagzeilen sind ihm gewiss. Das ist der Fluch des Hochbegabten, der Deutschland mit seinem spektakulären Tor 2014 bei der WM in Brasilien zum Weltmeistertitel schoss. "Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi", hatte Bundestrainer Joachim Löw Götze vor seiner Einwechslung als zusätzliche Motivation ins Ohr gesäuselt. Für den Moment hat der Satz gewirkt, jetzt verfolgt er ihn. Besser als Messi, wer ist das schon? Allenfalls Cristiano Ronaldo könnte diese Diskussion anstoßen, aber Götze? Der 24-Jährige ist momentan nicht mal nah dran, muss in Dortmund um seinen Stammplatz kämpfen.

Doch die interne Konkurrenz ist im Dortmunder Mittelfeld gewaltig. In der offensiv ausgerichteten Zentrale auf den Achterpositionen spielten in Bremen Gonzalo Castro und Shinji Kagawa, der lange verletzte portugiesische Europameister Raphael Guerreiro wurde eingewechselt. Für die Außenbahnen sind Marco Reus, Andre Schürrle, Ousmane Dembélé, Christian Pulisic und Emre Mor eingeplant. Pulisics Vertrag wurde am Montag bis zum 30. Juni 2020 verlängert. Der am Montag mit vielen Vorschusslorbeeren verpflichtete Alexander Isak, der in Schweden mit keinem Geringeren als Zlatan Ibrahimovic verglichen wird, kann ebenfalls dort eingesetzt werden. Und eben Götze. Dessen Manko ist es zusätzlich, dass er keine feste Position hat, sondern vielseitig im Mittelfeld verwendbar ist. Im Zweifel wird er zugunsten eines Spezialisten auf die Bank verschoben. So erklärte auch Tuchel Götzes Nichtnominierung in Bremen: "Wir hatten zwei Flügelstürmer auf dem Feld. Deshalb hatten wir uns für Pulisic entschieden, weil er auf dieser Position der Spezialist ist."

Ein Blick auf die nackten Zahlen hinter Götzes Karriere zeigen einen klaren Negativtrend. Noch nie hatte Götze nach 17 Spieltagen weniger Torbeteiligungen als in der laufenden Spielzeit. Selbst bei seinem dreijährigen Gastspiel in München kam Götze auf bessere Werte. Und das, obwohl er in der öffentlichen Wahrnehmung in München scheiterte. Nach zehn Einsätzen stehen für Götze in Dortmund gerade einmal ein Treffer und eine Torvorlage zu Buche. Viel zu wenig für einen Spieler seiner Klasse. Viel zu wenig auch für einen Spieler, der vor der Saison für mehr als 20 Millionen Euro vom FC Bayern kam.

Götze, der bis 2020 in Dortmund unter Vertrag steht, verteidigte sich zuletzt schon proaktiv im "kicker": "Nicht immer, wenn ich spiele oder reinkomme, kann ich das Tor machen wie im WM-Finale. Zum Fußball, so komplex wie er heute ist, gehört mehr: Laufleistung, Intensität, Fleiß." Das Klischee vom 19-Jährigen, der einfach nur locker-leicht kicken wolle, stimme nicht mehr, sagte der BVB-Profi weiter: "Auch bei mir hat ein Reifeprozess stattgefunden."

Stefan Effenberg glaubt, dass Götze das Vertrauen von Trainer Thomas Tuchel fehlt, er mahnt bei "Sky90" aber auch mangelnde Konstanz an: "Es ist eine unglaublich schwierige Situation für Mario. So ein Spieler braucht das absolute Vertrauen vom Trainer. Das fehlt, das sieht man. Nichtsdestotrotz gehört Götze vom Potenzial zu den fünf herausragenden deutschen Spielern. Das ruft er nicht konstant ab. Aber er gehört nach Dortmund, und er wird auch wieder seine Leistung abrufen."

Für "Sky"-Experte Christoph Metzelder gibt es eine andere Ursache. "Die Dortmunder spielen ein 4-3-3. Sie brauchen über die Außen Schnelligkeit und die Fähigkeit im Dribbling, um auch tiefstehende Gegner aufreißen zu können. Mario ist keiner, der im eins gegen eins an der Seite vorbeigeht. Er klappt oft ab nach hinten. In dem System gibt es aktuell keine Position, die perfekt auf das passt, was er spielen kann." Wobei Götze eigentlich für das nicht nur in Bremen praktizierte 4-1-4-1 prädestiniert ist für eine Rolle der zwei Halbpositionen im Mittelfeld, doch vor allem an Castro kommt er derzeit sportlich einfach nicht vorbei.

Gründe für den sportlichen Rückschritt gibt es viele. Götze ist nicht mehr so beweglich und quirlig wie früher, ihm fehlt im Vergleich zu seiner ersten Schaffensperiode in Dortmund die Leichtigkeit in seinen Aktionen, er wirkt oft verkrampft. So wie einer, der mit dem Druck nicht fertig wird. Ihm fehlen die Überraschungsmomente, in denen er sich unnaachahmlich durch die Gegner schlängelt. Götze ist erst 24 Jahre alt und steht dennoch schon am Scheideweg seiner Laufbahn. Sein Wechsel nach Dortmund sollte ihn wieder in die Erfolgsspur führen, doch die Karriere hakt. Eine Prognose über Götzes Zukunft ist schwierig. Vom Potenzial her müsste er den erneuten Durchbruch schaffen, doch es gibt auch gute Gründe, die dagegen sprechen. Doch eins steht fest, die Schlagzeilen werden ihm auch in der Zukunft gehören.

(can)
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