Kolumne: Gegenpressing Heul doch, Mats!

Dortmund · Der arme Kerl kann einem leidtun. Seit Wochen findet Mats Hummels kaum in den Schlaf. Er wälzt sich im Bettchen hin und wälzt sich her. Vermutlich schwitzt er einen Schlafanzug nach dem anderen durch. Vielleicht führt er Selbstgespräche. Vielleicht schlafwandelt er. Vielleicht kullert dann und wann sogar ein Tränchen. Die Gedanken quälen ihn. Er findet keine Lösung für sein Problem. Bedauernswert.

Mats Hummels bei der EM 2021: Alle Infos zum Abwehrspieler vom BVB
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Das ist Mats Hummels

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Foto: dpa, jhe

Von welchem Vereinsgelände soll er künftig die Schubkarre mit den Millionen herunterfahren? Von dem seines BVB? Oder von dem des FC Bayern an Münchens Säbener Straße? Womöglich wird er gar künftig in britischen Pfund bezahlt und muss sich Gedanken über den Umrechnungskurs machen. Dann kann er bestimmt wieder nicht einschlafen.

Vielleicht leidet der arme Mats ja auch nur deshalb so sehr, weil er an all die BVB-Fans denken muss, die jetzt ein Trikot mit der Rückennummer 15 und seinem Namenszug tragen und sich womöglich bald für teures Geld neu einkleiden müssen.

Weil wir uns ja immer nach solchen rührend-romantischen Geschichten sehnen, dürfen wir Hummels für seine Mitteilungsfreude dankbar sein. Dankbarkeit bringen wir auch Papa Hummels entgegen. Der berät seinen Sohn und ist zum Glück genauso redselig. Neu ist freilich, dass Hermann Hummels eine poetische Ader hat. Passend zur Jahreszeit sagte er: "Frischen Spargel im Angebot zu haben, ist besser, als verfaulten anzubieten." Mit dem Spargel meinte er seinen Sohn — auch wenn der mit 27 Jahren nicht mehr zum jungen Gemüse gehört.

Am Vortag hatte Vater Hummels den FC Bayern als möglichen neuen Verein seines Sohnes ins Gespräch gebracht. Am Freitag holte er den Versuchsballon wieder ein und warf auch Manchester City, den FC Barcelona & Co. in die Diskussion. Doch ein Wechsel nach München wäre plausibel. Denn mit dem Gang ins Ausland müsste sich der Weltmeister nicht so lange plagen. Er könnte in der Öffentlichkeit etwa das gute alte Argument "Ich will eine neue Sprache und eine andere Kultur kennenlernen" geltend machen. Dagegen kann ja niemand etwas haben, dem an guter Bildung liegt.

Anders als bei einem Transfer zu den Bayern müsste er bei einem ins Ausland nicht die Sorge haben, dass er bei den BVB- Fans untendurch ist. Die Aussage "Wenn ich die Entscheidung getroffen habe, werden alle verstehen, warum es so schwierig ist" lässt auf eine Rückkehr zu den Bayern, für die er in der Jugend gespielt hat, schließen. Er würde bei den Dortmunder Anhängern in Ungnade fallen. So wie es Manuel Neuer bei den Schalker Fans ging, als er dem Lockruf folgte. Oder Mario Götze beim BVB-FCB-Wechsel.

Vieles spricht für eine Wiedervereinigung FC Bayern/Hummels. Die Aussicht auf den Gewinn der Champions League. Das Zusammenspiel mit seinen Weltmeisterkollegen Neuer und Jerome Boateng. Die Nähe zu seinem Bruder, der für Unterhaching spielt, und zu Jugendfreunden. Und die Möglichkeiten für Frau Cathy, sich in der Schickmicki-Gesellschaft zu tummeln.

Fußballpolitisch wäre der Wechsel von großer Tragweite. Dortmund verlöre ein Aushängeschild (folgen weitere?), und der FC Bayern hätte nach Kalle Del'Haye-Art mal wieder einen Konkurrenten geschwächt. Man stelle sich nur vor, Hummels muss im Elferschießen des Pokal-Finales gegen Neuer antreten. Und er würde verschießen. So wie einst Lothar Matthäus vor seinem Transfer von Gladbach nach München.

Ihre Meinung? Schreiben Sie dem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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