„Müssen uns bei den Fans entschuldigen“ Favre in Barcelona auf der BVB-Bank

Nächster Tiefschlag für Borussia Dortmund. Beim 3:3 gegen den SC Paderborn bekommen die Spieler des BVB den Unmut der Fans zu spüren. Trotz Aufholjagd herrscht Frust und Ratlosigkeit. Der Druck auf Trainer Lucien Favre wächst. In Barcelona soll er aber auf der Bank sitzen.

 BVB-Trainer Lucien Favre.

BVB-Trainer Lucien Favre.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Pfiffe schrillten von der Tribüne des Dortmunder Signal-Iduna-Parks. Zum ersten Mal äußerten die Fans von Borussia Dortmund bereits nach nicht einmal einer Viertelstunde ihren Unmut. Fast minütlich entlud sich mehr Wut, welche später sogar in Anfeuerung für den Gegner umschlug. Hohn und Spott für das eigene Team. Zur Halbzeitpause und nach Spielende schlugen der Elf von Trainer Lucien Favre dann aber erneut gellende Pfeifkonzerte entgegen. Selbst der späte Ausgleichstreffer von Marco Reus beim 3:3 (0:3) gegen den SC Paderborn stimmte die BVB-Fans nicht gnädig. Wirklich übel nehmen konnten die BVB-Profis den Anhängern dies aber nicht.

„Wir müssen uns ganz ehrlich bei allen Leuten hier im Stadion entschuldigen“, sagte BVB-Kapitän Reus. „Man hat sich hier heute richtig geschämt in der ersten Halbzeit. So dürfen wir nie, nie, nie, nie wieder auftreten. Das war absolute Scheiße.“ Auch Teamkollege Mats Hummels konnte die Pfiffe nach dem Spiel nachvollziehen.

0:3 hatten die Borussen im eigenen Stadion gegen das bis dato schwächste Auswärtsteam der Bundesliga zurückgelegen, glichen in der zweiten Hälfte aber dank der Treffer von Jadon Sancho, Axel Witsel und Reus noch aus. Nach dem 3:3 herrschte Frust und Ratlosigkeit. Zu beschämend war das Auftreten im ersten Durchgang. Offensiv blieben die Dortmunder nahezu alles schuldig, brachten sich zudem mit eigenen Fehlern immer wieder in die Bredouille. Sie spielten so dem Matchplan der Paderborner vollends in die Karten: kompakt zu stehen und blitzschnell umzuschalten. Drei Konter reichten, um den BVB zu erschüttern, ihn gar bloßzustellen.

Abwehrchef Hummels ging hart ins Gericht mit der Leistung seiner Mannschaft: „Es fällt schwer, etwas Positives zu finden. Es war in fast allen Belangen zu wenig von uns - und das wissen wir auch.“ Sein Trainer kündigte an, dass man die Partie „gründlich analysieren“ werde.„So kann es nicht weitergehen“, sagte Lucien Favre, dem vor allem das Auftreten im ersten Durchgang zu schaffen machte: „Das war eine desaströse erste Halbzeit. Die einzig positive Sache: dass wir nach dem 0:3 zurückgekommen sind."

Trotz der Aufholjagd gerät der 62-Jährige, der ohnehin schon seit Wochen in der Kritik steht, immer mehr unter Druck. BVB-Sportdirektor Michael Zorc vermied nach der Partie ein Bekenntnis zum Schweizer. „Ich bitte um Verständnis, dass ich direkt nach dem Spiel nicht viel sage. Außer, dass die erste Halbzeit komplett indiskutabel war und das man sich bei den Zuschauern dafür entschuldigen muss“, sagte Zorc und fügte an: „Morgen ist auch noch ein Tag.“ Eine Aussage, die viel Raum für Spekulationen ließ. Spekulationen, die vor allem Favre betreffen dürften.

Die Fakten sprechen nicht für ihn: Nach zwölf Spielen steht der BVB mit 20 Punkten auf Rang fünf. Der Rückstand auf Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach könnte am Samstag auf acht Punkte anwachsen. Damit dürften sich die Dortmunder wohl noch vor Weihnachten von ihrem ambitionierten Saisonziel verabschieden. Hinzu kommt, dass Team und Fans aktuell keine Einheit sind. Die Pfiffe gegen die eigene Mannschaft machten deutlich, dass einiges im Argen liegt.

Für Reus liegt das Hauptproblem jedoch nicht beim Trainer, er nahm vielmehr die Mannschaft in die Pflicht. „Der Trainer stellt uns jedes Mal super ein. Wir sind dafür verantwortlich, auf dem Platz unsere Leistung zu bringen. Wir müssen nicht über den Trainer reden, sondern über uns." Und auch Hummels stellte sich schützend vor Favre: „Wir sind es, die die Fehler machen. Wir müssen einfach besser spielen. Das hat nichts mit dem Trainer zu tun.“ Ob der Zuspruch aus der Mannschaft dem kritisierten Favre hilft, ist allerdings fraglich.

Zumindest beim Champions-League-Spiel in Barcelona am kommenden Mittwoch wird Favre allerdings noch auf der Bank sitzen. "Es ist ja klar, dass das Thema öffentlich diskutiert wird, denn unsere Situation ist mehr als unbefriedigend. Natürlich analysieren wir das sehr intensiv. Aber wir gehen mit Lucien Favre in das Spiel in Barcelona und erwarten, dass wir da eine deutliche Leistungssteigerung sehen", sagte Sportdirektor Michael Zorc Funke Sport.

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