Kolumne: Gegenpressing Auch Dortmund träumt vom ganz großen Geld

Düsseldorf · Atletico und der BVB machen aus finanziellen Nachteilen einen psychologischen Vorteil. Sie beanspruchen die Rolle des armen Außenseiters im Kampf gegen die reichen Riesen Europas.

CL 13/14: Reaktionen zur Viertelfinal-Auslosung
15 Bilder

CL 13/14: Reaktionen zur Viertelfinal-Auslosung

15 Bilder

In Europas Spitzenfußball wird's ernst, und die Prominenz ist unter sich. Nicht ganz unerwartet stehen Bayern München, Borussia Dortmund, Atletico Madrid, Real Madrid, FC Barcelona, FC Chelsea, Manchester United und Paris St. Germain im Viertelfinale der Champions League. Man könnte sagen: Das Geld hat sich durchgesetzt. Denn sechs Teams gehören zu den besonders Begüterten auf dem Kontinent. Atletico und Borussia Dortmund sind die Ausnahmen von der Regel, aber auch sie beschäftigen keine Leichtlohngruppen.

Aus den Nachteilen gegenüber dem erklärten Geldadel machen Reals Lokalrivale und der BVB natürlich flugs einen psychologischen Vorteil. Sie beanspruchen die Rolle des armen Außenseiters im Kampf gegen die reichen Riesen. Und sie fühlen sich gut dabei.

Borussia Dortmund: "BVB zittert sich ins Viertelfinale" - Pressestimmen
18 Bilder

Borussia Dortmund: "BVB zittert sich ins Viertelfinale" - Pressestimmen

18 Bilder

Dortmunds Trainer Jürgen Klopp hat aus dem Unterschied auf den Konten gleich mal einen Unterschied in fußballerischer Klasse gemacht. "Im Viertelfinale steht die Creme de la Creme des europäischen Fußballs — und wir", hat er gesagt.

Das stimmt aber nur bedingt. Denn auch sein Team gehört zur ersten Garnitur in Europa. Nicht weil es zweistellige Millionensummen für das Jahresgehalt eines Spitzenspielers ausgibt, sondern weil es einen Stil entwickelt hat, der an den guten Tagen selbst individuell überlegene Teams vor unlösbare Rätsel stellen kann.

Dazu müssen allerdings ein paar Voraussetzungen erfüllt sein. Die wichtigste: Der BVB muss seine beste Elf auf den Rasen schicken können. Das konnte er in dieser Saison noch nie. Ilkay Gündogan, den viele für den kommenden Superstar am Himmel der defensiven Mittelfeldspieler halten, hat noch gar nicht spielen können. Der potenzielle Weltklasseverteidiger Lukasz Piszczek pirscht sich nach beinahe einem halben Jahr Verletzungspause gerade erst wieder an sein normales Niveau heran. Innenverteidiger Neven Subotic fällt mit einem Kreuzbandriss bis zum Sommer aus, sein Kollege Mats Hummels macht gerade wieder die ersten Gehversuche im Wettkampf, zuletzt humpelte Stürmer Marco Reus herum. Und jetzt hat es auch mal wieder Außenverteidiger Marcel Schmelzer aufs Krankenlager geworfen. Das ist für Dortmund ein bisschen viel. Dass der beste Stürmer, Robert Lewandowski, im Hinspiel des Viertelfinales wegen der dritten Gelben Karte aussetzen muss, macht Klopps kokette Selbsteinschätzung zumindest für den Augenblick zur Wahrheit.

Anders als die Konkurrenz in Barcelona oder München kann und will es sich der BVB nicht leisten, elf Klasseleute als Teilzeitkräfte zu beschäftigen. Er führt stattdessen ein paar Talente an ein höheres Niveau heran. Das ist einerseits ein ehrenwertes Ziel des Vereins, andererseits eine wirtschaftliche Notwendigkeit des Fußball-Unternehmens Borussia Dortmund.

Noch. Denn das heißt ja wiederum nicht, dass die Westfalen sich auf Dauer als Ausbildungsbetrieb in eigener Sache ihren Platz in der Spitze Europas sichern wollen. Auch sie möchten natürlich wie die Bayern große Konzerne als Minderheitsbeteiligte in ihre Firma holen. Damit könnte auf Dauer auch der nationale Alleingang der Münchner mindestens mal gefährdet werden. Das würde, mit Ausnahme der Bayern-Fans, Fußball-Deutschland freuen.

Die romantische Rolle des bedürftigen Außenseiters wären die Dortmunder dann allerdings endgültig los. Klopp würde das wahrscheinlich gar nicht gefallen, weil er dann auf ein wesentliches Motivations-Moment verzichten muss. Vielleicht wird er dann Bundestrainer.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort