Dortmund feiert Angreifer Verspotteter Modeste plötzlich Held beim BVB

Dortmund · Es schien, als sei das Experiment mit Anthony Modeste bei Borussia Dortmund schon gescheitert. Doch beim 2:2 gegen den FC Bayern war der Franzose plötzlich der Held. War das der Wendepunkt?

Anthony Modeste trifft per Kopf zum 2:2-Ausgleich gegen den FC Bayern.

Anthony Modeste trifft per Kopf zum 2:2-Ausgleich gegen den FC Bayern.

Foto: AP/Martin Meissner

Mit seinen Kindern Kihanna und Brooklyn an der Hand schlich sich Anthony Modeste mit einigem Abstand hinter der Schar von Journalisten aus dem Stadion. Bei den Rechteinhabern Sky und ZDF hatte er pflichtschuldig seine Interviews gegeben, doch zu ausführlich wollte er sich an diesem Abend nicht in seine Seele blicken lassen. Vielleicht auch aus Vorsicht, nicht zu viel Genugtuung zur Schau zu tragen.

„Ich habe sehr viel auf den Deckel gekriegt“, sagte der lange Zeit so glücklose Stürmer von Borussia Dortmund, nachdem er beim 2:2 im Liga-Topspiel gegen den FC Bayern München in der fünften Minute der Nachspielzeit den Ausgleich erzielt hatte. Plötzlich war Modeste der gefeierte und besungene Held. „Jeder hat die Erleichterung gespürt. Das ganze Stadion hat sich mit Tony gefreut“, sagte BVB-Trainer Edin Terzic: „Es war keine leichte Phase für ihn. Was er über sich lesen und hören musste, war nicht einfach für ihn.“

Als „Fremdkörper“ und „Fehleinkauf“ war der 34-Jährige bezeichnet worden, weil er nach seinem kurzfristigen Wechsel im August aus Köln kaum ins Spiel eingebunden war und nur einen Treffer erzielt hatte. Sky-Experte Dietmar Hamann spottete nach dem 2:3 in der Vorwoche in Köln gar, Dortmund spiele „im Moment zu zehnt.“

Unter der Woche in Sevilla verlor er schließlich seinen Stammplatz an den halb so alten Youssoufa Moukoko. Der bekam auch gegen die Bayern den Vorzug, doch Terzic hatte offenbar eine Vorahnung: „Es gibt immer Jungs, die anfangen. Und es gibt immer Jungs, die beenden“, hatte er gesagt: „Wichtig ist, dass das die beiden Jungs sind, die am Ende entscheiden. Es gäbe nichts Schöneres, als wenn beide treffen würden.“

So kam es tatsächlich. Nach dem 0:2-Rückstand erzielte Moukoko auf Vorarbeit von Modeste den Anschlusstreffer (77.), dann köpfte der Franzose sich und alle Dortmunder in einen Jubel-Rausch. „Ich habe mich belohnt. Das war wichtig für mich“, sagte er strahlend: „Ich genieße diese Atmosphäre. Ich muss nur positiv bleiben.“

Doch statt der möglichen Kehrtwende hätte das Spiel auch zum absoluten Tiefpunkt für Modeste werden können. Denn zwölf Minuten vor seinem Treffer hatte er den Ausgleich auf klägliche und unglückliche Art und Weise verpasste. Drei Meter freistehend vor dem Tor trat Modeste mit rechts ein Luftloch, der Ball prallte gegen sein Standbein und hüpfte weg. Die Fans stöhnten auf, schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, manche pfiffen kurz.

„Wenn er das Tor am Ende nicht macht, wird die Kritik heute sehr groß sein“, sagte Sportchef Sebastian Kehl: „Auf der Bank konnten wir uns das nicht erklären. Wir dachten, der Ball sei abgefälscht gewesen. Aber da war nichts dazwischen. Eigentlich war das eine Hundertprozentige.“ Doch vielleicht, so konnte am Ende auch Kehl erleichtert feststellen: „War das zu einfach für Tony. Da hat er es sich aufgehoben.“

Für die große Szene am Schluss, die nun alles für ihn ändern soll. Plötzlich erscheint eine zusätzliche Variante als Rettung aus der scheinbar verfahrenen Situation. Denn Modeste war in der 70. Minute eben nicht für Moukoko gekommen, sondern als sein Partner. Und gemeinsam drehten sie das Spiel. Künftig mit beiden von Anfang zu spielen, sei „vielleicht auch eine Option“, sagte Modeste. Die beiden haben auch ein gutes Verhältnis. Moukoko umarmte den doppelt so alten Kollegen nach dem Schlusspfiff und zeigte immer wieder auf ihn, um zu sagen: Er ist der Held, nicht ich. „Ich freue mich auch für Mouki, dass er getroffen hat“, sagte Modeste: „Ich bin quasi sein Vater.“

(dpa)
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