Neubau beschlossen: Beckenbauer bekommt "Kaiserpalast"

München (dpa/lby). Franz Beckenbauer bekommt seinen "Kaiserpalast" und München die Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Nach drei Jahre währendem Streit sprachen sich der Freistaat Bayern, die Stadt München sowie die Bundesligaclubs FC Bayern und TSV 1860 bei dem Spitzengespräch am Dienstag in München, das von Protesten von Neubaugegnern begleitet wurde, einstimmig für den Bau einer reinen Fußball-Arena mit der Stadt als voraussichtlichem Bauherrn aus. Die Standortfrage und die Finanzierungsmöglichkeiten des schätzungsweise 350-Millionen-Mark teuren Projekts sollen bis zum nächsten "Stadion- Gipfel" im Februar geklärt werden.

"Der Neubau ist für die Vereine und auch für die Stadt und das Land als Wirtschaftsstandort eine befriedigende Lösung", sagte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) und forderte die Bürgerbewegungen zur Zusammenarbeit auf. "Wir haben immer nur Gegner, aber nie Befürworter. Ein positiver Bürgerentscheid wäre hilfreich und würde die Sache beschleunigen", sagte Ude, der vor Jahresende eine Grundsatzentscheidung und im kommenden Jahr die Planungen durchführen will.

"Die WM rückt immer näher, die Zeit läuft uns davon", sagte Bayern-Präsident Franz Beckenbauer und forderte alle Beteiligten im Hinblick auf die WM 2006 in Deutschland zu einer schnellen Umsetzung der Pläne auf. Beckenbauer, der auch Vize-Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist, hatte in der Vorwoche die vom Münchner Stadtrat bewilligte "Billiglösung", die einen WM-tauglichen Umbau des Olympiastadion für 140 Millionen Mark vorsieht, abgelehnt und die Neubaupläne vorangetrieben, "sonst findet die WM ohne München statt."

Das vom Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) vorgeschlagene Gelände der Zentralen Hochschulsportanlage (ZHS) in unmittelbarer Nähe des Olympiastadions wurde von der Staatsregierung begrüßt. "Dieses Areal hat wegen seiner infrastrukturellen Voraussetzungen die meisten Vorteile", sagte Bayerns Wissenschaftsminister Hans Zehetmair und erklärte die Bereitschaft des Freistaats, das 50 Hektar (500 000 Quadratmeter) große, landeseigene Gelände zur Verfügung zu stellen.

Beim mittlerweile fünften "Stadion-Gipfel" deutete sich an, dass die Stadt, wie von Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) vorgeschlagen, das Stadion bauen und 200 Millionen Mark der Baukosten tragen wird. 100 Millionen Mark will der Freistaat zuschießen. Für die Restfinanzierung sollen beide Clubs Lösungsmöglichkeiten finden, sagte Ude. Der Stadt könne man nicht alles zumuten, erklärte Beckenbauer, der vorerst einen Börsengang des Rekordmeisters ausschloss und das Geld bei Sponsoren auftreiben will. Der TSV 1860 werde sich an der Finanzierung beteiligen, so Präsident Karl-Heinz Wildmoser, "aber wir wollen kein Untermieter des FC Bayern sein und es ist unmöglich, in einer 'Franz-Beckenbauer-Arena' zu spielen. Aber wir wollen uns einigen. Sonst würden wir uns lächerlich machen, wenn ein Münchner die WM nach München holt und am Ende hier gar nicht gespielt wird."

Die Stadt soll neben dem ZHS-Gelände auch andere realistisch erscheinende Standorte prüfen. Dazu gehört nach Mitteilung von Ude das Gelände in Fröttmaning im Norden Münchens. Im ehemaligen Olympischen Dorf, das unmittelbar an das ZHS-Gelände grenzt, haben sich inzwischen parteiübergreifend die Gegner mobilisiert. Constanze Lindner-Schädlich, Planungs-Expertin der Rats-SPD, und CSU-Bauexperte Walter Zöller schlossen sich dem Protest der rund 10 000 Bewohner an, die gegen "allwöchentliche Überschwemmung mit Tausenden aufgeheizter Fans, Vandalismus und Abfalllawinen" bereits Sturm laufen und mit rechtlichen Schritten das Stadion-"Monster" verhindern wollen.

Ude sprach sich dafür aus, beim Bürgerentscheid gegen den Umbau des Olympiastadions am 11. März 2001 gleichzeitig über alle anderen möglichen Standorte abstimmen zu lassen. In dem Dauerstreit gab es in der vorigen Woche eine überraschende Wende, als die Architekten von dem bereits beschlossenen "Konsensmodell" für einen 400-Millionen- Mark teuren Komplettumbau des Olympiastadions abrückten.

(RPO Archiv)
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