Hoeneß über Kovac "Am Ende muss er den Kopf hinhalten"

München · Bei Bayern München hat sich der Wind gedreht. Die letzten drei Spiele gingen in die Hose. Trainer Niko Kovac wirkt ratlos. Präsident Uli Hoeneß beschwichtigt. Ist die Rotation schuld?

 Uli Hoeneß auf der Tribüne der Allianz-Arena.

Uli Hoeneß auf der Tribüne der Allianz-Arena.

Foto: AP/Martin Meissner

Uli Hoeneß war tunlichst bemüht, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Kritik an Niko Kovac nach drei Spielen ohne Sieg kam dem Präsidenten von Bayern München nicht über die Lippen - und doch: Hoeneß machte einen Tag nach dem ernüchternden 1:1 in der Champions League gegen Ajax Amsterdam klar, dass er den Trainer in der Verantwortung sieht.

Wegen der großen Rotation unter Kovac sei beim deutschen Fußball-Rekordmeister "ein wenig der Wurm drin", meinte Hoeneß am Mittwoch am Rande der Begegnung der Bayern-Basketballer mit Rasta Vechta (79:66). Nein, fügte er hinzu, er fände dies "nicht dramatisch". Hat es Kovac mit den personellen Wechseln übertrieben? "Nein, ich stelle das nur fest", sagte Hoeneß: "Das ist Sache des Trainers, der muss das entscheiden. Am Ende muss er auch den Kopf dafür hinhalten."

Dieser letzte Satz sorgte in München für einige Aufregung. Rückt Hoeneß von Kovac ab? Muss der Coach, eine weitere Enttäuschung am Samstag (18.30 Uhr/Sky) gegen Borussia Mönchengladbach vorausgesetzt, gar um seinen Job bangen? Nein, so weit ist es noch nicht.

Kovac hat in München viel Kredit. Bei den Fans, bei Hoeneß. Und bei Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der Kovacs großem Vorgänger Ottmar Hitzfeld in dessen letzter Bayern-Saison 2007/08 nach missglückter Rotation vorgehalten hatte, Fußball sei "keine Mathematik".

Doch nach sieben Pflichtspielsiegen zum Start unter Kovac hat sich der Wind gedreht. Zwei Unentschieden und eine Niederlage, der Verlust der Tabellenführung an Borussia Dortmund - das ist so gar nicht nach dem Geschmack der Bayern. "Wir haben im Moment gewisse Probleme", sagte Hoeneß, "aber das ist normal."

Angefangen habe die Misere in der vergangenen Woche beim Heimspiel gegen den FC Augsburg (1:1), da sei "der Rhythmus etwas verloren gegangen", konstatierte Hoeneß. Der Fan-Boykott in den ersten 20 Minuten habe "sicher auch einen Beitrag dazu geleistet, dass wir nicht ins Spiel gekommen sind". Dazu sei die Rotation gekommen. Die Folge: Die Pleite bei Hertha BSC (0:2) und das Remis gegen Ajax.

Kovac wirkte nach dem Unentschieden gegen die Niederländer ratlos. Er müsse das Spiel "erst verarbeiten", sagte er mitgenommen, "ich muss meine Gedanken sortieren und sehen, warum die Leistung so war, wie sie ist." Und dann? Versuchen, "die drei Spiele zu vergessen".

Ob das gelingen wird? Nicht nur Kovac rätselt, wo die Leichtigkeit des Sommers geblieben ist. Gegen Ajax wirkten die Bayern (Altersschnitt der Startelf: 29,9 Jahre) wie eine Mannschaft von gestern. Ex-Coach Louis van Gaal monierte im niederländischen Fernsehen, die Bosse hätten versäumt, "das Team zu erneuern". Allerdings fehlen Kovac in Kingsley Coman und Corentin Tolisso zwei junge Kräfte wegen Verletzungen.

Andere wie James oder Sandro Wagner sind fit, spielen aber wenig. Schon ist von einer gewissen Unzufriedenheit zu hören. Die könnte Kovac aber nur mit noch mehr Rotation beheben.

Aus Hoeneß' Sicht ist bei den Debatten längst das vernünftige Maß verlorengegangen. "Vor zehn Tagen hieß es noch: Die Bundesliga spielt ab Platz zwei - und jetzt auf einmal soll bei uns alles kaputt sein", sagte er: "Die goldene Mitte fände ich ganz gut." Die sucht auch Kovac.

(sid/sef)
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