Uli Hoeneß akzeptiert Haftstrafe Freigang schon nach drei Monaten möglich

München · Wenn Uli Hoeneß sich an alle Auflagen hält, könnte er theoretisch schon im Sommer das Gefängnis tagsüber wieder verlassen.

 In eine Zelle wie diese wird Hoeneß wohl einziehen.

In eine Zelle wie diese wird Hoeneß wohl einziehen.

Foto: Radowski

Die Matratzen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Landsberg am Lech sind dünn und hart. Denn je dicker eine Matratze ist, desto komfortabler ist sie. Und komfortabel sollen es die Insassen nicht haben. Die Nacht für die Gefangenen endet um 6 Uhr morgens. Justizvollzugsbeamte schließen die Zellen auf und wecken die Häftlinge. Zum Frühstück gibt es Weiß- und Schwarzbrot, Margarine, Marmelade und gelegentlich auch mal zwei Scheiben Käse. Dazu gibt es Malzkaffee, den die meisten Sträflinge jedoch nicht mögen. Stattdessen nehmen sie lösliches Kaffeepulver, das sie im Gefängnis-Kiosk kaufen können.

An das spartanische Frühstück wird sich Uli Hoeneß gewöhnen müssen, wenn er bald sein geräumiges Bauernhaus in Bad Wiessee am Tegernsee gegen eine elf Quadratmeter kleine Gefängniszelle eintauschen muss. In spätestens drei Wochen, so schätzen Rechtsexperten, wird der 62-Jährige seine Haftstrafe antreten müssen — aller Voraussicht nach in der JVA Landsberg am Lech. "Wirtschaftsstraftäter müssen meistens dort ihre Haftstrafe absitzen", sagt Ralf Simon, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Strafvollzug in Bayern. Ein anderes Gefängnis sei eher ungewöhnlich.

Simon schätzt jedoch, dass Hoeneß, der gestern von seinem Amt als Aufsichtsratsvorsitzender des FC Bayern München zurückgetreten ist, schon nach einem Monat in den offenen Vollzug verlegt werden könnte. Bei ihm bestehe weder Fluchtgefahr noch die Sorge, dass er Drogen nehmen oder Straftaten begehen würde.

Beim offenen Vollzug handelt es sich noch nicht um Freigang. Hoeneß dürfte sich dann innerhalb der Gefängnismauern frei bewegen. "Wenn er sich dabei etwa zwei Monate bewährt, kooperiert und an alle Auflagen hält, könnte er tagsüber das Gefängnis verlassen, wenn er eine Arbeitsstelle nachweisen kann", erklärt Simon. Hoeneß müsste dann den Rest seiner Strafe nur im Gefängnis übernachten. Im Umfeld von Uli Hoeneß besteht kein Zweifel daran, dass er sich an die Auflagen halten wird. "Theoretisch könnte er schon im Sommer tagsüber für den FC Bayern München arbeiten oder in seiner Wurstfabrik tätig sein", betont Simon. Rechtsexperten rechnen zudem damit, dass die Strafe bereits nach der Hälfte, also nach 21 Monaten, zur Bewährung ausgesetzt wird.

Doch bis es so weit ist, muss Hoeneß erst einmal mit dem rauen Alltag hinter Gittern zurechtkommen. Bei Haftantritt muss er seine Designeranzüge gegen die Gefängniskluft (graues T-Shirt, blaue Leinenhose) eintauschen. Wertgegenstände wie Uhr und Schmuck sind nicht erlaubt. Die bayerischen Gefängniszellen sind besonders karg: Toilette, Zwei-Meter-Bett, Matratze, Kopfkissen, Decke, Pinnwand, Holzschrank und Tisch. Das Fenster zum Hof ist vergittert. Einen kleinen Fernseher kann Hoeneß mitbringen oder sich im Gefängnis mieten. Einige wenige persönliche Gegenstände darf er noch mitbringen — Familienfotos, Bayern-Poster. Hoeneß wird eine Einzelzelle bekommen. "Nur wenn das Gefängnis überfüllt ist, werden zwei Insassen zusammengelegt", erklärt ein Justizvollzugsbeamter. Pro Monat darf er für eine Stunde Besucher empfangen. Mit einer Sondergenehmigung der Gefängnisleitung kann die Besuchszeit auf zwei Stunden ausgedehnt werden. Telefongespräche sind ebenfalls begrenzt. Handys sind verboten. Dafür darf Hoeneß jederzeit Briefe an Freunde und Familie schicken. Ehemalige Insassen beschreiben die Haftbedingungen der JVA Landsberg dennoch als "insgesamt recht angenehm". Im Internetportal "Knast.net", auf der Häftlinge Gefängnisse bewerten können, schreibt ein Ex-Sträfling von "freundlichen Beamten". Ein anderer bezeichnet die JVA dort sogar als "Freigängerhaus".

Nach dem Frühstück beginnt in Landsberg um 7 Uhr der Arbeitstag für alle Gefangenen: Kartoffeln schälen in der Küche, Handtücher bügeln und falten in der Wäscherei, Fußböden schrubben. Der Stundenlohn beträgt 1,30 Euro — nach Abzug aller Steuern. Zwischen 11.30 und 12.30 Uhr ist Mittagspause. Dann wird weitergearbeitet. In der Regel ist um 15.30 Uhr Feierabend. Die Gefangenen haben im Hof eine Stunde Freigang. Die restliche Zeit des Nachmittags steht für die Freizeitgestaltung zur Verfügung: Die Häftlinge können Kochkurse belegen, Fußball spielen, Therapiegruppen besuchen. Zum Abendbrot gibt es dann wieder Schwarzbrot, Käse und Obst, dazu Tee. Damit muss Hoeneß auskommen. "Er kann sich nicht was vom Caterer kommen lassen, nur weil ihm die Gefängniskost nicht passt", sagt Simon.

Nach dem Abendbrot müssen die Insassen zurück ins "Café Viereck", wie die Zelle in der Gefängnissprache genannt wird. Zwischen 19 und 21 Uhr ist Einschluss. Hoeneß wird dann wohl meistens den Fernseher einschalten. Seine Bayern wird er da live nur selten zu Gesicht bekommen — denn die Bundesligaspiele werden nur im Pay-TV in voller Länge übertragen, und das ist in Landsberg verboten.

(RP)
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