Steuerprozess in München Wäschekorb voller Akten belastet Uli Hoeneß

München · Im Gerichtssaal zerbröselt die Hoffnung des Bayern-Präsidenten, seine Selbstanzeige könne ihn vor dem Gefängnis bewahren. Nach Aussage einer Steuerfahnderin erhöht sich seine mutmaßliche Steuerschuld auf 27,2 Millionen Euro.

Uli Hoeneß: "27,2 Millionen – wer bietet mehr?" – User-Stimmen
Infos

Uli Hoeneß: "27,2 Millionen – wer bietet mehr?" – User-Stimmen

Infos
Foto: dpa, tha kno

Uli Hoeneß sitzt alleine da. Blankes Entsetzen und pure Verzweiflung stehen ihm ins hochrote Gesicht geschrieben. Es sieht so aus, als könne er nur mit Mühe verhindern, in Tränen auszubrechen. Seine drei Verteidiger, die normalerweise neben ihm sitzen, stehen gemeinsam mit dem Staatsanwalt und der wahrscheinlich wichtigsten Zeugin am Richtertisch. Die Steuerfahnderin aus Rosenheim ist seit Stunden vernommen worden — und berichtet in allen Details vom Verlauf des Steuerverfahrens seit Januar vergangenen Jahres. Schritt für Schritt zerbröselt sie mit ihrer Aussage die vermutlich größte Hoffnung des Bayern-Präsidenten: dass die eilig zusammengestellte Selbstanzeige ihn vor einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung retten könnte.

Die Akten, die die Fahnderin in einem roten Wäschekorb in den Gerichtssaal trägt, haben es in sich: Die Frau berichtet, dass es lange keine tragfähigen Zahlen für eine Schätzung der Steuerschuld gegeben habe. Sie erzählt von den ersten Versuchen des Finanzamts, "dieses Verfahren für alle Beteiligten in belastbaren Grenzen zu halten". Hoeneß habe sich sogar mit einem persönlichen Anruf bedankt für die "diskrete Form" der Hausdurchsuchung und zugesichert, er wolle alles vollständig aufklären. Allein, die ausstehenden Unterlagen seien nicht geliefert worden — nicht bis zum ersten Termin im April und auch nicht vor Ablauf der Frist im Juni, die der Staatsanwalt dem Steuerschuldner Hoeneß gesetzt hatte.

Uli Hoeneß: "Ich glaube ihm zu hundert Prozent" – Promi-Stimmen
9 Bilder

Uli Hoeneß: "Ich glaube ihm zu hundert Prozent" – Promi-Stimmen

9 Bilder

Erst am 27. Februar, elf Tage vor Prozessbeginn, seien die Unterlagen aus der Schweiz in Form von zwei USB-Sticks vorgelegt worden. Der Umfang der Dateien: etwa 52 000 Blatt. Der Faschingsurlaub der Rosenheimer Steuerfahnder wurde daraufhin gestrichen. Noch dazu gab es Ärger, weil die Dateien elektronisch nicht lesbar waren. Zwei Sticks wurden nachgeliefert. Kurz vor Prozessbeginn hätten die Verteidiger versichert, "dass es sich hier um kein taktisches Manöver handelt".

Dann habe es noch eine Irritation über ein Datum gegeben: Eine wichtige und umfangreiche Datei stammte offenkundig vom 18. Januar 2013. Wurde sie möglicherweise ein Jahr lang zurückgehalten? Rechtsanwalt Hanns W. Feigen nennt diesen Verdacht "blanken Unfug". Das Datum markiere den Beginn der Aufarbeitung der Unterlagen zu Hoeneß' Spekulationsgeschäften durch die Bank in der Schweiz, so Feigen. Dazu soll heute noch ein Zeuge gehört werden.

Nach mehreren Stunden steuert der Prozesstag auf seinen Höhepunkt zu. Entscheidend für das weitere Leben des Uli Hoeneß ist die Frage: Was ergibt sich aus dem neuen Material? Die Antwort der Zeugin zieht sich quälend lange hin. Sie erläutert ausführlich ihre Erkenntnisse über die Devisentermingeschäfte, die Hoeneß über seine beiden Schweizer Konten abwickelte. Schließlich bittet Richter Rupert Heindl die Zeugin, den Staatsanwalt und die drei Verteidiger an den Richtertisch.

Heindl sagt: "Da fehlen 1,7 Millionen, und keiner weiß, wo sie sind." Die Steuerfahnderin antwortet: "Es nützt ja nix, wenn wir hier den Worst Case ermitteln, und wir streiten danach drüber." Feigen sieht die Zahlen und sagt: "A very Worst Case" ("Ein sehr schlimmster Fall"). Die Steuerfahnderin entgegnet: "Das ist jetzt eine Best-Case-Rechnung."

Und die Zahl? Die Minuten, in denen Uli Hoeneß wohl am meisten leidet, brechen an. Irgendwann wird sie dann genannt: 27,2 Millionen Euro. Diese Summe soll der Bayern-Boss dem Fiskus vorenthalten haben.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort