Sonderrechte für Steuersünder? Mithäftling: "Hoeneß regiert den Knast"

Hamburg · Viele Menschen in Deutschland fragen sich seit der Verurteilung von Steuersünder Uli Hoeneß, ob der prominente Häftling im Gefängnis Sonderrechte eingeräumt bekommt. Das Nachrichtenmagazin "stern" hat mit einem Insassen der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech gesprochen.

So sieht es im Hoeneß-Gefängnis aus
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Foto: ap

Dem Vorabbericht zufolge soll sich unter den Mithäftlingen des wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilten Ex-Präsidenten des Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München Unmut regen. "Uli ist hier so etwas wie ein König", sagt der Verurteilte Oliver K. dem Magazin. "Er regiert den Knast", führt er fort.

"Zweiklassengesellschaft"

K. ärgert sich nach eigenen Angaben über die "Zweiklassengesellschaft" hinter den Gefängnismauern. Hoeneß habe eine Doppelzelle im Spital, etwa zweimal so groß wie der Standard, und bewohne diesen Raum allein. "Er duscht auf der Spitalstation, wann er will. Wir anderen haben nur kaltes Wasser in unseren Zellen, und geduscht wird zu vorgegebenen Zeiten in der Gemeinschaftsdusche", so K., der wegen Betruges einsitzt.

Hoeneß' Zelle mit der Nummer 108 sei nach Aussage von K. zum Einzug "schön hergerichtet" worden. "Es wurde durchgestrichen, eine neue Matratze gab es obendrauf." Für andere neue Häftlinge werde nicht vorher gestrichen.

Auch bei den Besuchszeiten scheint mit Uli Hoeneß ein anderer Umgang gepflegt zu werden als mit anderen Häftlingen. So sei laut K. der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber zweimal zu Besuch gewesen — außerhalb der Besuchszeiten, und er habe Hoeneß nicht im regulären Besucherraum getroffen.

Stoiber bestätigte dem "stern" auf Anfrage die beiden Besuche, "jeweils etwa eine Stunde". Er habe davor ordnungsgemäß Besuchsanträge gestellt. Sonderwünsche habe er nicht geäußert, "das Prozedere wurde von der JVA Landsberg vorgegeben", so Stoiber.

Treffen mit Beckenbauer und Rummenigge

Vier Monate nach seinem Haftantritt hatte Hoeneß am vergangenen Samstag erneut einige Stunden Ausgang bekommen. Er verbrachte den zweiten Ausgang mit Karl-Heinz Rummenigge, Franz Beckenbauer und Clemens Tönnies. Wie die "Bild" berichtete, fuhren Hoeneß Gäste gegen 14 Uhr in getrennten Wagen vor. Zwei Stunden später verschwand das Trio wieder und Hoeneß Ehefrau Susi brachte ihren Ehemann wieder zurück in die Justizvollzugsanstalt nach Landsberg. Das Länderspiel gegen Polen habe er am Abend in seiner Zelle sehen können.

"Uli schaut richtig gut aus. Er hat immerhin 18 Kilo abgenommen. Ich bin froh und beruhigt, dass er sich mit der für ihn nicht leichten Situation arrangiert hat", sagte Beckenbauer der Zeitung. Tönnies ergänzte: Ich habe mich sehr über das Treffen gefreut. Uli sieht gut aus."

Das Münchner Landgericht hatte Hoeneß am 13. März wegen Steuerhinterziehung von 28,5 Millionen Euro zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Am 2. Juni rückte er im Gefängnis ein. Am 20. September bekam der 62-Jährige seinen ersten Ausgang.

Weihnachten wieder am Tegernsee

Wann Hoeneß Freigänger wird, verraten die Justizbehörden nicht. Freigänger können tagsüber außerhalb des Gefängnisses arbeiten und müssen nur zum Schlafen hinter Gitter. Zu Hafterleichterungen gehört auch Urlaub. Das bayerische Strafvollzugsgesetz sieht die höchste Stufe der Lockerungen nach mindestens sechs Monaten Haft vor. Demnach könnte Hoeneß Weihnachten wieder im Kreise der Familie feiern.

Auch das Ende der Haft kann er in den Blick nehmen. Denn offenbar geht die Justiz davon aus, dass Hoeneß nur die Hälfte seiner Gefängnisstrafe verbüßen muss und die andere Hälfte zur Bewährung ausgesetzt wird. Bei Ersttätern, die sich im Gefängnis anständig benehmen und keine Gefahr für die Öffentlichkeit sind, ist dies durchaus üblich. Hoeneß könnte also nach 21 Monaten ein freier Mann sein. Das wäre Anfang März 2016.

(ots)
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