Diskussion nach Pokal-Finale Kommt die Torlinientechnik jetzt doch?

Frankfurt/Main · Herbert Fandel ist der mächtigste Mann im deutschen Schiedsrichterwesen. Eigentlich soll der Vorsitzende der Schiedsrichter-Kommission des deutschen Fußball-Bundes an diesem Tag in der Verbandszentrale in Frankfurt am Main etwas zu den Leistungen der Gilde in der vergangenen Saison ("Erst durchwachsen, dann erstklassige Rückrunde") erzählen.

Dante klärt Hummels-Kopfball hinter der Linie
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Doch seine Ausführungen konzentrierten sich fast ausschließlich auf jene Szene in der 64. Minute des Pokalfinales in Berlin zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund (2:0 nach Verlängerung), in der ein Ball von Mats Hummels die Linie überquert haben soll - Florian Meyer aus Burgdorf aber weiterspielen ließ.

"Soll", weil viele Bilder diese Ansicht zwar nahelegen, sie aber nicht zweifelsfrei beweisen können. Für ihn als Funktionär ausreichend genug, um zur Feststellung zu gelangen: "Das Standbild zeigt, dass der Ball drin gewesen sein muss." Eilig schiebt er nach: "Aber ich habe Verständnis dafür, dass der Assistent in seiner Wahrnehmung Zweifel hatte. Die Schiedsrichter sind keine Maschinen. So ist es dann eben."

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Foto: Screenshot Twitter

Fandel nutzt als Lobbyist für die Unparteiischen im Profifußball die Gelegenheit zum Rundumschlag. Vor Monaten hatte er vehement dafür geworben, dass die Torlinientechnik auch hierzulande eingeführt wird. Auch WM-Schiedsrichter Felix Brych plädiert dafür: "Wir würden uns alle freuen, wenn uns in diesem Punkt geholfen werden könnte." Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat darüber recht dilettantisch abstimmen lassen - und von den 36 Vereinen aus Erster und Zweiter Liga eine Absage erteilt bekommen.

Vordergründig, weil viele Klubs nicht bereit waren Zusatzausgaben zu stemmen. Hinter den Kulissen war die Verwunderung allerdings schon groß, wie wenig dafür getan wurde, eine Mehrheit zu organisieren - nur neun der 18 Erstligisten und drei der 18 Zweitligisten waren für die Einführung einer technischen Entscheidungshilfe.

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"Für uns als Schiedsrichter ist es mehr als bedauerlich, dass wir uns in Deutschland gegen die Torlinientechnik ausgesprochen haben", befindet Fandel. "Es ist aber umso unsäglicher und unverschämter, dass dieses Versäumnis nun auf dem Rücken der Unparteiischen ausgetragen wird." Und einmal auf Betriebstemperatur, präzisierte er auch noch den Empfänger seiner Botschaft. "Die Torlinientechnologie würde viele niveaulose Diskussion verhindern - und Menschen wie dem Herrn Klopp helfen, seine Emotionen besser unter Kontrolle zu bekommen." BVB-Trainer Jürgen Klopp hatte gegen die Entscheidung vehement gewettert.

Immerhin ist jetzt auf allen Ebenen wohl das große Umdenken eingetreten. Der DFB prüft, ob er zur kommenden Saison im Pokal die Torlinientechnologie einführt. "Wir setzen uns sehr, sehr intensiv mit dieser Thematik auseinander", sagt Mediendirektor Ralf Köttker. Und die DFL will sich zeitnah erneut damit beschäftigen. "Wenn Dortmunds Vorstandschef Joachim Watzke oder ein Vertreter eines anderen Klubs die Technik erneut vorschlagen, werde ich das befürworten", sagt BVB-Präsident Reinhard Rauball, der praktischerweise auch an der Spitze der DFL steht.

(RP)
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