Borussia Mönchengladbach Früher war alles anders gegen die Bayern

Mönchengladbach · In den 1970ern waren Bayern und Gladbach auf Augenhöhe, wechselten sich ab mit dme Gewinn der Meisterschaft. Jetzt gibt es wieder ein Spitzenspiel – aber nur tabellarisch.

 Aus dem Bilderbuch der Bundesliga: Berti Vogts (links) und Uli Hoeneß beim Zweikampf am 21. Mai 1977 im Münchner Olympiastadion.

Aus dem Bilderbuch der Bundesliga: Berti Vogts (links) und Uli Hoeneß beim Zweikampf am 21. Mai 1977 im Münchner Olympiastadion.

Foto: Imago

In den 1970ern waren Bayern und Gladbach auf Augenhöhe, wechselten sich ab mit dme Gewinn der Meisterschaft. Jetzt gibt es wieder ein Spitzenspiel — aber nur tabellarisch.

Es ist wie früher. Bayern München und Borussia Mönchengladbach treffen sich zum Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga. Die Bayern führen die Tabelle an, die Gladbacher liegen auf Platz drei, und für die Fans ist es ein Fest. Es gab Beckenbauer und Netzer, sie waren die Köpfe der großen Teams jener Tage, und sie verkörperten auch die unterschiedlichen Entwürfe an der Isar und am Niederrhein.

Die Bayern sammelten ihre Titel mit ergebnisorientiertem Fußball ein, sie standen für das Establishment. Der Stil der Borussen von Hennes Weisweiler war wild und ungestüm, Gladbach war der Gegenentwurf zu den Bayern: Borussia hatte etwas Aufrührerisches. Das, was Weisweilers Mannschaft spielte, war Revolution. Und doch war früher, in den 1970ern, alles anders. Denn es war ein echtes Spitzenspiel, eines, in dem sich zwei Teams auf Augenhöhe trafen.

Heute ist es nur beim Blick auf die Tabelle ein Spitzenspiel. Denn zwischen Platz eins und drei liegen Welten. Das Bayern-Team hat einen kumulierten Marktwert von mehr als 550 Millionen Euro, jener der Gladbacher Mannschaft liegt bei 130 Millionen Euro. Die Bayern haben 20 Punkte mehr auf dem Konto, sie sind der gesamten Bundesliga enteilt. So gesehen und angenommen, dass auch der VfL Wolfsburg derzeit eine Liga höher spielt als der Rest, sind die Gladbacher gefühlt der Tabellenführer der "normalen" Bundesliga. Und als solcher fahren sie nach München, um die Übermacht nicht nur zu ärgern, sondern um drei Punkte mitzunehmen.

Borussias Trainer Lucien Favre ist wie sein Münchner Kollege Pep Guardiola einer, der vom Fußball des FC Barcelona inspiriert ist. Er ist wie der Spanier ein Trainer, der nach dem perfekten Fußball forscht. Nicht weit von der Perfektion entfernt sei das, was der FC Bayern spiele, sagt Favre. "Aber es ist unmöglich, die totale Perfektion zu finden", ergänzt der Schweizer. Und genau darin liegt die Chance für seine Mannschaft: "Jede große Mannschaft hat auch ihre Schwächen. Es sind Details, die nicht alle sehen", sagt Favre.

Er ist ein akribischer Vorbereiter der Spiele seiner Mannschaft, und daher hat er vermutlich herausgefunden, wo die fast unbesiegbare Bayernmannschaft verwundbar ist. Er verrät seine Erkenntnisse nicht, doch Voraussetzung ist in jedem Fall, dass seine Mannschaft "top verteidigen" muss, "top bei Ballbesitz" sein muss, "top konzentriert" sein muss und "schnell denken und schnell spielen" muss. Im Hinspiel, beim 0:0, hat das sehr gut geklappt. Die Borussen hatten die Bayern am Rande der Niederlage. Es fehlte die Eiseskälte vor dem Tor. Die muss morgen da sein, wenn Gladbach die wenigen wankelmütigen Momente des Gegners nutzen will.

Nun gehören die Borussen aktuell wohl zu den wenigen Teams, denen man einen Coup bei den Bayern zutrauen kann. Das ist dann doch ein bisschen wie früher. Damals gab es zwar nie einen Sieg bei den Bayern, aber 1977 einen großen Triumph: Ein 2:2 brachte Gladbach die fünfte Meisterschaft ein. Es war die letzte. Seitdem sind die Bayern enteilt. Immerhin aber sind die Borussen wieder so weit, dass es heißt: Bayern gegen Gladbach, ein Spitzenspiel.

(RP)
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