Rücktritt nach Verurteilung Uli Hoeneß beendet seine Ära beim FC Bayern

München · 99,3 Prozent der Stimmen erhielt Uli Hoeneß vor fünf Jahren bei seiner Wahl zum Präsidenten des FC Bayern München. Mit der Niederlegung aller Ämter endet eine Ära. Adidas-Chef Herbert Hainer tritt im Aufsichtsrat seine Nachfolge an.

Uli Hoeneß geht ins Gefängnis: "Er ist mein Freund und er wird mein Freund bleiben"
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Foto: afp, iw

Eine erste Nachfolge-Entscheidung ist in einer Telefonkonferenz gefallen. Am Freitagvormittag entschied der Aufsichtsrat, dass Adidas-Chef Herbert Hainer vorerst den Vorsitz übernimmt. Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, hieß es in der offiziellen Mitteilung. Karl Hopfner, derzeit 1. Vizepräsident, ist in den Präsidialausschuss des Aufsichtsrates gewählt worden. Über das Präsidenten-Amt muss gemäß der Satzung innerhalb von vier Wochen eine außerordentliche Mitgliederversammlung entscheiden.

Erst vor einer Woche hatte Hainer seinen Vertrag bei Adidas um zwei Jahre verlängert. Der 59-Jährige habe "den Absprung verpasst", schrieb die Tageszeitung "Die Welt". Als Hoeneß-Nachfolger, auch im Präsidium, war Hainer ohnehin bereits öfters im Gespräch. Nach dem Urteil im Steuerprozess ist es nun besonders schnell gegangen — zumindest, was die Lösung im Aufsichtsrat angeht. Interessant, aber wohl nebensächlich: Hainers Bruder Walter machte Anfang der 80er-Jahre drei Bundesligaspiele für den Bayern-Rivalen 1860 München.

Knapp drei Stunden, nachdem Uli Hoeneß alle seine Ämter niederlegt hatte, sind damit erste Personalien bekannt geworden. Noch beim Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League am Dienstag gegen den FC Arsenal (1:1) in der Allianz-Arena im Stadtteil Fröttmaning war vieles so gewesen wie immer: Auf der Ehrentribüne demonstrierte die Bayern-Familie Geschlossenheit. Ganz außen Uli Hoeneß, der Patron. Neben ihm Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsboss. Eine Reihe davor Karl Hopfner, Ex-Finanzvorstand und derzeit Vizepräsident des Vereins, mit seiner Frau.

Mit der Loyalität hat man das hier schon immer so gehalten und ist davon auch nicht während des Steuerprozesses gegen Hoeneß abgewichen. Es geht längst mehr als um pures Pflichtbewusstsein. Es geht darum, einen Freund zu stützen — gerade in schweren Zeiten.

Es gab niemals eine intensivere Diskussion um die Person Uli Hoeneß innerhalb des Vereins. Jedenfalls ist nie etwas nach außen gedrungen. Die Loyalität gegenüber dem mächtigen Strippenzieher ist so groß, dass es die mächtigen Vertreter von großen Wirtschaftsunternehmen wie Allianz, Adidas, Audi und Telekom im Aufsichtsrat sogar akzeptierten, Hoeneß zum Wohle des FC Bayern bis zu einer Verurteilung im Amt zu halten. Am Tag danach hat der Präsident selbst die Konsequenzen gezogen: Keine Revision, Niederlegung aller Ämter beim Rekordmeister.

Das ist wie ein Traum

Dies könnte Teil eines Notfallplans sein, den Hoeneß selbst vorbereitet hat. Die zentrale Rolle darin spielt wohl Hopfner. Sein langjähriger Weggefährte wollte eigentlich aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten und hatte sich deshalb aus dem operativen Geschäft verabschiedet. Der 61 Jahre alte Betriebswirt soll bereits zarte Bereitschaft signalisiert haben, für den weniger zeitintensiven Posten als Präsident des FC Bayern zur Verfügung zu stehen — traditionell würde er dann auch dem Aufsichtsrat vorstehen.

Andere Kandidaten drängen sich derzeit nicht auf. Edmund Stoiber, 72, ehemaliger bayerischer Ministerpräsident, ist Vorsitzender des Verwaltungsbeirates. Ein Engagement als Präsident gilt als unwahrscheinlich. Paul Breitner (62) hat sich trotz erfolgreicher sportlicher Historie nie in das Vereinsleben intensiv eingebracht. Er ist als Scout angestellt. Karl-Heinz Rummenigge (58) der Vorstandsvorsitzende, hat sich viel Respekt in der Branche erworben. Doch Rummenigge, heißt es, würde sich schwertun, von dem gut dotierten Managerposten ins Ehrenamt zu wechseln.

Noch vor wenigen Tagen begeisterte sich Hoeneß über den Zustand des FC Bayern. "Wie sich der Verein im Moment darstellt", sagte er staatstragend, "das ist wie im Traum." Die Juristin Sylvia Schenk, Sportbeauftragte der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International konnte sich "beim besten Willen nicht vorstellen, dass er trotz seiner Verurteilung im Amt bleiben kann." Hoeneß habe sich bis zum Schluss als unantastbar gesehen. "Da hat er wohl", befindet die frühere Radsport-Präsidentin, nicht ganz in der Realität gelebt." Am Tag nach seiner Verurteilung hat sich Hoeneß dieser Realität gestellt.

(RP)
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