Doublegewinner im Trainingslager Wie Bayer Leverkusen mit dem Hype umgeht

Donaueschingen · Im Schwarzwald wird klar, wie sehr Meisterschaft und Pokalsieg Bayer Leverkusen prägen. Doch die Triumphe der vergangenen Saison sollen möglichst aus den Köpfen der Spieler verschwinden, um den Erfolgshunger zu erhalten.

Auch im Trainingslager in Donaueschingen ein gefragtes Ziel für Autogrammjäger: Bayer Leverkusens Trainer Xabi Alonso.

Auch im Trainingslager in Donaueschingen ein gefragtes Ziel für Autogrammjäger: Bayer Leverkusens Trainer Xabi Alonso.

Foto: Bayer 04 Leverkusen/Jörg Schüler

Als die Profis von Bayer Leverkusen den Rasen betreten, wird es laut rund um den Sportplatz des Fußball-Bezirksligisten SV Aasen 1928. Kapitän Lukas Hradecky und Trainer Xabi Alonso werden mit Sprechchören gefeiert, ein Junge im Deutschlandtrikot hält ein Plakat in die Luft, auf dem geschrieben steht: „Kartoffeln auf die 1!“. Der Hype um den Doublesieger aus der Farbenstadt ist auch in der neuen Saison angekommen.

Für rund eine Woche war die Werkself die Attraktion im Schwarzwald. Dort, wo schon die Spanier während der EM ihr Lager bezogen hatten, residierte nun für fünf Nächte das Team aus Leverkusen. Bis zu 800 Fans kamen täglich zu den Einheiten, um einen Blick auf die Arbeit des Deutschen Meisters und Pokalsiegers während der Vorbereitung zu erhaschen. „In der Sommerpause wurde ich im Ausland überall auf Bayer 04 angesprochen. Auf den Seychellen und in Spanien – überall kannten die Leute Bayer 04“, sagt Alonso.

Leverkusen im Rampenlicht – das ist in der Form neu. In den vergangenen anderthalb Jahren hat sich unterm Bayer-Kreuz spürbar etwas verändert. Die Zahl der Mitglieder im „Bayer 04-Club“ hat sich innerhalb eines Jahres auf knapp 60.000 verdoppelt. Angesichts von deutlich gestiegenen Ticketanfragen lässt der Werksklub inzwischen sogar die Möglichkeit prüfen, ob das Stadion um ein paar 1000 Plätze erweitert werden kann. „Wir sind ein größerer Klub geworden und an einigen Stellen werden wir uns alle erst noch daran gewöhnen müssen“, sagt Geschäftsführer Fernando Carro.

Mit Ausnahme von Josip Stanisic, der nach seiner Leihe nach München zurückgekehrt ist, hat Bayer bisher keinen Stammspieler der Fabelsaison verloren. Dass auf der Abgangsseite noch etwas passiert, ist aber weiter möglich. Abwehrchef Jonathan Tah ist sich mit den Bayern über einen Wechsel einig, doch Leverkusen wartet weiter auf ein akzeptables Angebot von der Säbener Straße. Der Transfer-Poker um den Nationalspieler zieht sich bereits seit mehreren Wochen hin.

48 Millionen Euro hat der Werksklub bislang in neue Spieler investiert. Für die Verteidigung kam Jeanuel Belocian, für das Mittelfeld Aleix Garcia und für den Angriff Martin Terrier. Der im Vorjahr fast durchgehend verletzte Außenverteidiger Arthur kann als vierter Zugang gewertet werden. Victor Boniface präsentierte sich zudem in starker Frühform. Der Stürmer war bereits zu Beginn der Vorsaison eine Attraktion für die Liga, ehe er sich verletzte.

Sportgeschäftsführer Simon Rolfes hat als Ziel für die neue Spielzeit „einen Platz in den Top vier“ ausgerufen. Das mag wie Understatement klingen, aber dieser Ansatz hat bereits im Vorjahr hervorragend funktioniert. Warum also etwas ändern?

Florian Wirtz, Leverkusens deutscher EM-Star und mit einem geschätzten Marktwert von 130 Millionen Euro einer der wertvollsten Spieler der Welt, steht vor seiner ersten Saison in der Königsklasse. Er nimmt sich einiges vor und sagt: „Ich denke, wenn man ein großer Spieler werden will, muss man auch in die Champions League. Deswegen freue ich mich einfach darauf.“

Die berauschenden Erfolge aus der Vorsaison aus den Köpfen streichen – das ist der Ansatz von Coach Alonso, um seine Mannschaft für die neue Saison auf Betriebstemperatur zu bringen. „Denn das Niveau der vergangenen Saison wird wohl nicht reichen. Wir müssen uns weiterentwickeln und besser werden“, betont der Spanier.

Mit Bayer ist also in der kommenden Spielzeit erneut zu rechnen.