Bayer Leverkusen Rolfes entgeht dem Umbruch
Bayer Leverkusen · Unter Robin Dutt nur Teilzeitarbeiter, aus dem EM-Aufgebot gestrichen, die Verjüngung im Verein vor Augen – für viele schien Simon Rolfes bei Bayer 04 auf dem Weg zum Auslaufmodell, doch der Kapitän meldet sich zurück.
Unter Robin Dutt nur Teilzeitarbeiter, aus dem EM-Aufgebot gestrichen, die Verjüngung im Verein vor Augen — für viele schien Simon Rolfes bei Bayer 04 auf dem Weg zum Auslaufmodell, doch der Kapitän meldet sich zurück.
Simon Rolfes ist kein typischer Fußballprofi. Keiner, dessen Welt zusammengebrochen wäre, wenn er nicht mit Stollenschuhen seinen Lebensunterhalt hätte verdienen können. Wenn das Talent nicht gereicht hätte, hätte er wohl studiert und wäre Ingenieur geworden. Auf die Frage, was seine Lieblings-App sei, wird er im Jahrbuch mit der Antwort zitiert: "Handelsblatt". Leverkusens Kapitän interessiert sich für Politik und Wirtschaft. Sein Blick geht über den Tellerrand des Profidaseins hinaus. Nur, dass zuletzt nicht wenige glaubten, der Teller selbst gehe in absehbarer Zeit zu Bruch, weil Rolfes auf dem Weg zum Auslaufmodell in einer verjüngten Werkself sei. Der Saisonstart offenbart das Gegenteil: Rolfes ist einmal mehr Fixpunkt im Team.
Rolfes werde in der kommenden Spielzeit eine wichtige Rolle spielen, hatte Trainer Sascha Lewandowski bereits im Trainingslager in St. Gallen Ende Juli gesagt. Lewandowski und Rolfes schätzen sich. Teamchef Sami Hyypiä und Rolfes schätzen sich. Mit Robin Dutt war es anders. Rolfes musste unter dem Nachfolger seines Ziehvaters Jupp Heynckes die Fälle gefährlich davonschwimmen sehen, schließlich wackelte sein Status als unumstrittener Stammspieler gewaltig. Nur 14 seiner 31 Einsätze in der Liga gingen über die volle Distanz. Als Dutt gehen musste, stieg Rolfes' Stern prompt. Und dennoch sahen viele im Umfeld den 30-Jährigen als einen derer, die vom von oben verordneten Verjüngungsprozess der Werkself in der Sommerpause betroffen sein würden.
"Als große Einheit auftreten"
Doch vor dem 1. Spieltag ist Rolfes mittendrin statt nur dabei. Erst durfte er seine Kapitänsbinde nach Wochen der (zumindest nach außen hin transportierten) Unklarheit behalten, dann stand er beim DFB-Pokalspiel in Jena in der Startelf. Und das nicht etwa auf einer der beiden Achter-Positionen, auf der er in den Testspielen fast ausschließlich agiert hatte, sondern auf der Sechs, die eigentlich für Stefan Reinartz reserviert schien. "Ich war mir sicher, dass wir heute gewinnen", sagte Rolfes nach dem 4:0 beim Viertligisten, bei dem er das frühe 1:0 geschossen hatte.
"Wir müssen wieder eine andere Stimmung erzeugen und als große Einheit auftreten", hatte Rolfes im RP-Interview Anfang Juli gesagt. Er selbst ist jemand, der Stimmungen wahrnimmt und lenken kann. Als gefragter Mann in der Mixed Zone, als Sprachrohr der Mannschaft, als jemand, der den Verein Bayer 04, dessen Eigenheiten und die Eitelkeiten der Beteiligten besser kennt als jedes andere Mitglied des Kaders. 203 Ligaspiele hat Rolfes seit 2005 für Bayer 04 absolviert. Damit steht er auf Rang neun der vereinsinternen Bestenliste. Die nächsten drei, Herbert Waas (209), Christian Wörns (211) und Jens Nowotny (231), liegen in Reichweite. Für einen Simon Rolfes, der dem Umbruch vorerst entgangen ist.
