Bayer Leverkusen Paulo Rink: Vom Profifußballer zum Kommunalpolitiker

Curitiba · Der frühere Bayer-Spieler Paulo Rink ist nach seinem Karriereende nach Brasilien zurückgekehrt. Die RP empfing er zum Hausbesuch.

Die vergessenen Nationalspieler
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Wenn es Paulo Rink in den Füßchen juckt und er mit seinen beiden Söhnen das runde Leder aus dem Schrank holt, muss der ehemalige deutsche Nationalspieler nur ein paar Meter weit laufen. Der Bolzplatz in der noblen Wohnanlage in Curitiba ist nur einen Steinwurf vom Eigenheim der Familie Rink entfernt. Es ist ein kleines Paradies, in dem sich der 41 Jahre alte Ex-Bundesligaprofi von Bayer Leverkusen, dem 1. FC Nürnberg und Energie Cottbus niedergelassen hat.

"Ich wollte nicht nach Rio de Janeiro oder Sao Paulo. Curitiba ist meine Heimat. Hier habe ich meine Wurzeln, hier fühle ich mich zu Hause, und hier habe ich Freunde und Familie", sagt Rink beim Hausbesuch der Rheinischen Post. In der südbrasilianischen Stadt, die Gastgeber von vier WM-Vorrundenspielen sein wird, hat Paulo Rink sein "Glück nach der Karriere" gefunden. Er führt seinen deutschen Gast in die eigene Internet-Druckerei, die sich auf Flyer und Visitenkarten spezialisiert hat.

"Ich habe das große Glück gehabt, Profifußballer zu sein", sagt Rink. Das Geld, das er verdient hat, steckt er nun in eigene Projekte. Damit unterscheidet er sich von vielen anderen brasilianischen Profis, die nach dem Karriereende oft in ein Loch fallen. Falsche Berater, die ihnen das Geld aus der Tasche gezogen haben oder ein Lebenswandel, der alles ist, nur nicht seriös, sorgen dafür, dass für viele Ex-Kicker die Karriere da endet, wo sie einst angefangen hat: in einem Armenviertel.

Rink hat sich für den seriösen Weg entschieden: Er sitzt als Ratsherr im Kommunalparlament, weil die "Wähler mir auf der Straße gesagt haben, ich soll auf das Geld aufpassen." Die Kostenexplosion rund um das WM-Stadion in Curitiba hat auch dort zu Protesten gesorgt. Rink hat versucht, zu vermitteln - zwischen dem Verein, dem Fußballweltverband FIFA und der Politik, die alle ihre eigenen Interessen haben. "Weil ich finanziell unabhängig bin, vertrauen mir die Leute, dass ich auch unabhängig entscheiden kann." Curitiba gilt als einer der europäischsten Städte des Landes, gewann bereits Auszeichnen für Innovation und moderne Infrastruktur. "Wir werden ein guter Gastgeber sein", verspricht Rink den WM-Touristen.

Seine Verbindungen zum deutschen Fußball sind ungebrochen. Vor einer Woche endete in Curitiba eine Ausstellung, die journalistische Reportagen und Videos von ehemaligen brasilianischen Bundesliga-Kickern wie Elber, Lucio, Dunga oder eben Paulo Rink zeigte. Er spielt in Traditionsmannschaften mit und berät deutsche Klubs, wenn sie Fragen zu brasilianischen Talenten haben. Sein Urteil wird auf beiden Seiten des Atlantiks geschätzt, in Curitiba nennen sie ihn "den Deutschen".

Beim Eröffnungsspiel am Donnerstag sitzt Paulo Rink im Stadion. Er glaubt, dass die WM trotz all der Probleme im Vorfeld ein Erfolg wird: "Natürlich ist die Kritik berechtigt, aber die Brasilianer wissen auch, dass die Nationalmannschaft daran nicht schuld ist. Sie werden bedingungslos die Selecao unterstützen." Proteste rät er ernst zu nehmen.

Für Rink ist der Gastgeber der große Favorit: "Nationaltrainer Luis Felipe Scolari weiß, dass das ganze Land von ihm den Titel erwartet. Aber er ist erfahren genug, mit diesem Druck umzugehen." Der deutschen Nationalmannschaft, für die er immerhin 13 Länderspiele absolvierte, traut er einiges zu: "Einer der großen Rivalen Brasiliens wird Deutschland sein."

Die DFB-Elf hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Das liegt auch der erfolgreichen deutschen WM-Bewerbung 2006. Damals hat der DFB wichtige und richtige Weichenstellungen in der Nachwuchsförderung betrieben. Einen ähnlichen Schub erhofft sich Rink, der wegen eines deutschen Urgroßvaters aus Heidelberg eingebürgert wurde und seitdem zwei Pässe besitzt, auch für den brasilianischen Verband CBF.

Auf die eigene Karriere im deutschen Nationaltrikot in einer erfolglosen DFB-Epoche rund um die Euro 2000 blickt er heute mit Humor zurück: "Ohne die schwache EM hätte sich der DFB nicht zu diesen strukturellen Veränderungen entschieden. Insofern sind wir auch ein klein wenig mitverantwortlich für den Erfolg des deutschen Fußballs von heute."

(RP)
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