Was wird aus Labbadia? Eiszeit bei Bayer Leverkusen

Berlin (RP). Die Spieler von Bayer 04 gehen nach dem 0:1 im DFB-Pokalfinale gegen Werder Bremen auf Distanz zu Trainer Labbadia. Morgen soll über die weitere Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Fußballlehrer entschieden werden.

Bruno Labbadia: Torjäger, Trainer und "Hochsterilisierer"
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Das ist Bruno Labbadia

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Foto: dpa, exa

Sie standen sehr dicht beiein-ander und kamen sich doch nicht mehr nahe — ein fast gespenstisches Bild der Zerrissenheit zwischen Führungskraft und Personal. Auch weniger sensible Naturen haben das gespürt. Und wer es nicht fühlte, konnte es zumindest sehen. Eiskalt ließen die von Werder Bremen im Pokalfinale geschlagenen Leverkusener ihren bedrückten Chef abblitzen.

Die Minusgrade am Ende eines unwirtlich-kühlen, von Sturzregen begleiteten Abends im Berliner Olympiastadion waren alles andere als eine meteorologische Erscheinung. Die Spieler mochten nicht mal mehr für einen Augen-Blick in Kontakt mit Bruno Labbadia treten. So viel frostige Distanz war nie wie nach diesem 0:1 Bayers.

Aber obwohl die seit Monaten labile Liaison, die nach Aussage eines Offiziellen sogar in den Zustand des Hasses übergegangen sein soll, nur noch auf dem Papier funktioniert, greift in der Verbindung Bayer und Labbadia noch nicht das Zerrüttungsprinzip. Heute soll es einen Gütetermin geben.

"Wir wollen keine Hektik aufkommen lassen. Wir werden die unterschiedlichen Meinungen aufeinander legen und abgleichen", sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser. "Wir gehen im Moment davon aus, dass wir mit Labbadia weitermachen", erklärte Rudi Völler in diplomatischer Unentschiedenheit vorm vereinbarten Analyse-Treffen, "vor Mittwoch gibt es nichts zu verkünden."

Der Sportdirektor, ein Motor bei der Verpflichtung des sturen Hessen vor einem Jahr, und der zum Opportunismus neigende Holzhäuser stoßen offenbar auf erheblichen Widerstand beim Sponsor für den Fall, den ersten leitenden Angestellten für den laufenden Sportbetrieb nach dem üblichen "Die Spieler mögen den Trainer nicht, also muss der weg"-Mechanismus zu entsorgen.

"Labbadia ist geholt worden, um hier mit dem Schlendrian aufzuräumen und die Lethargie zu bekämpfen, und weil er das befolgt, wird er nun in Frage gestellt. Da macht man es sich zu einfach", heißt es aus dem Konzern. Selbst Holzhäuser räumte die Stimmigkeit der von Labbadia in einem Interview geäußerten Maximen in seinem Arbeitsstil ohne Nachgiebigkeit ("Wir müssen bei Bayer raus aus der Komfortzone") ein, hält den Zeitpunkt des Gesprächs und den Stil aber nach wie vor "für sehr unglücklich".

Hinter vorgehaltener Hand wurde dieses Interview des Trainers ("Ein Weiter-so kann es nicht geben") als ein Argument für die halbgare Leverkusener Leistung im Finale instrumentalisiert — in einem Endspiel, in dem Bayer allein in Torwart Adler und Renato Augusto zwei Profis von höherer Qualität vorzuweisen, aber in Castro, Barnetta, Vidal und Helmes gleich vier Totalausfälle zu beklagen hatte. Der Rest stellte allenfalls Mittelmaß dar.

Rätselhaft erscheinen auch heute noch der Prozessbeginn in der Entfremdung zwischen Belegschaft und Trainer und deren Gründe. "Das ist wie in einer Ehe", sagt einer, "wenn du einmal deine Frau geschlagen hast, wird das Verhältnis nie mehr wie es war." Von "Höllenläufen" am Ende des Trainingslagers in der Türkei nach einem von Labbadia zugestandenen freien Abend war die Rede und von verletzender Kritik an Spielern. Diese werden im Internetforum von Fans wegen des Mangels an Standfestigkeit und kapriziösen Verhaltens gern als "Prinzessinnen" und "unsere Mädels" tituliert.

Dass sich die Leverkusener Führung vorm Gütetermin und trotz des (zuletzt lauwarmen) Bekenntnisses zu Labbadia nach Alternativen umschaut, ist sehr wahrscheinlich. Morten Olsen, im vergangenen Jahr schon mal Kandidat bei Bayer, wird genannt, Bernd Schuster auch und natürlich ebenfalls der in diesen Tagen unvermeidliche Mirko Slomka.

Ein charmant erscheinender Lösungsvorschlag kursiert zudem: ein von Ulf Kirsten und dem ehemaligen Skibbe-Co-Trainer Peter Hermann gebildetes Tandem. Und es geht die Sorge um, dass den Leverkusenern, zum zweiten Mal hintereinander international nicht qualifiziert, ein Mann wie René Adler von der Fahne gehen könnte — zu den Bayern womöglich.

(RP)
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