Ernüchterung nach Pokalaus Heidenheims harte Lektion für Bayer und Bosz

Heidenheim · Bayers Trainer Peter Bosz hat bei der 1:2-Niederlage in Heidenheim erstmals den rätselhaften Wankelmut des Teams live erlebt. Eine Erklärung fiel ihm schwer.

DFB-Pokal: Heidenheim - Bayer 04: die Bilder des Spiels
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Foto: REUTERS/MICHAEL DALDER

Während die feiernden Fußballer des 1. FC Heidenheim zumindest einer akustischen Einschätzung nach ihre Kabine auf links drehten, sprach Julian Brandt Sätze der Selbstkritik in viele Mikrofone. Untermalt vom fröhlichen Lärm aus dem Nebenraum konstatierte der 22-Jährige sichtlich angefressen: „Die Art und Weise, wie wir die zweite Halbzeit gespielt haben – so was habe ich selten erlebt.“

Er brachte auf den Punkt, was 11.400 Zuschauer in der Heidenheimer Arena in den 90 Minuten zuvor gesehen hatten. Der Favorit gab seine verdiente Führung aus der Hand und verabschiedete sich letztlich sang- und klanglos aus dem DFB-Pokal. Der David-gegen-Goliath-Mythos des Wettbewerbs ist um ein Kapitel reicher: Der Zweitligist aus Heidenheim zieht gegen den mit Nationalspielern gespickten Europa-League-Teilnehmer ins Viertelfinale ein.

„Wir haben eine gute erste Halbzeit gespielt, gehen verdient in Führung, aber in der zweiten Halbzeit war es komplett anders“, sagte Brandt. „Wir waren schlampig.“ Vielleicht habe die Mannschaft in der Halbzeit gedacht, dass man das Spiel auch mit „fünf, sechs Prozent weniger über die Bühne bringt“, mutmaßte der Nationalspieler.

Er hatte sein Team kurz vor dem Pausenpfiff in Führung gebracht. Nichts deutete zu dem Zeitpunkt darauf hin, dass die Partie verloren gehen konnte. Doch die leidenschaftlich kämpfenden Gastgeber düpierten die Mannschaft von Trainer Peter Bosz nicht nur wegen der Tore von Nikola Dovedan (47.) und Maurice Multhaup (72.). Sie haben dem zunehmend unsicheren und fahrigen Favoriten schlicht den Schneid abgekauft.

Heidenheim - Bayer 04: die Werkself in der Einzelkritik
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Foto: dpa/Stefan Puchner

„Das ist sehr enttäuschend“, sagte Julian Baumgartlinger, der das Team als Kapitän auf den Platz führte. „Wir haben Heidenheim mit unserer Ungenauigkeit ohne Not in die Karten gespielt. Mit der Spielweise, die wir jetzt haben, darf uns das nicht passieren.“

Gemeint ist die betont offensive und laufintensive Philosophie des Coaches, die in den ersten 45 Minuten gut funktioniert hat. Der Zweitligist kam kaum zum Zug und Bayer erspielte sich gute Chancen. Doch dann folgte der Einbruch – ein bekanntes Phänomen bei Bayer 04. Konstanz bleibt auch unter Bosz vorerst ein Fremdwort. Dabei sah es so aus, als sei nach dem 3:1-Sieg gegen Bayern München ein Knoten geplatzt. Bereits drei Tage später ist der Eindruck verflogen.

Für Bosz ist die Schmach im Pokal der erste herbe Rückschlag als Trainer von Bayer 04. „Das war einfach schlecht“, sagte er mit Blick auf die einer Pokalschlacht unwürdigen zweiten 45 Minuten. Die Rotation auf fünf Positionen im Vergleich zum Bayern-Spiel sei nicht Ursache für das Aus. Als Beleg dient ihm die Tatsache, dass die durchrotierte Startelf es zunächst sehr gut gemacht habe.

„Der Unterschied zwischen der ersten und zweiten Halbzeit war viel zu groß. Es ist schwer zu sagen, woran es genau liegt.“ Die vielen Ballverluste machte der 55-Jährige als einen wichtigen Grund für die Niederlage aus – ein Manko, das er schon in den Vorwochen bemängelte. An der Mentalität liege es aber nicht, betonte Bosz. Ohnehin definiere jeder dieses Wort anders.

Für tiefergehende Analysen bleibt kaum Zeit. Bayer 04 tritt bereits am Freitag in der Liga beim FSV Mainz an (20.30 Uhr). „Das ist absolut bitter und definitiv ein Rückschlag, aber das darf uns jetzt nicht wochenlang beschäftigen“, sagte Brandt. Das ist angesichts des eng getakteten Spielplans sicher richtig, doch andererseits sind die Leverkusener Leistungsschwankungen seit Jahren zu prägend, um sie weiterhin zu verdrängen.

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