Topspiel in Leverkusen Der Nachwuchs wird nachdenklich

Leverkusen (RPO). Bayer Leverkusen und Schalke 04 setzen auf junge Spieler. Auch heute im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga (18.30 Uhr/ Live-Ticker). Im Endspurt der Saison scheinen die jungen Leute auf beiden Seiten ein wenig die Unbeschwertheit der Hinrunde zu verlieren.

 Kevin Kuranyi im Kopfballduell mit Tranquillo Barnetta.

Kevin Kuranyi im Kopfballduell mit Tranquillo Barnetta.

Foto: ddp

Leverkusen (RPO). Bayer Leverkusen und Schalke 04 setzen auf junge Spieler. Auch heute im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga (18.30 Uhr/Live-Ticker). Im Endspurt der Saison scheinen die jungen Leute auf beiden Seiten ein wenig die Unbeschwertheit der Hinrunde zu verlieren.

Wenn siegreiche Feldherren im Triumphzug durchs antike Rom fuhren, wurden sie beständig daran erinnert, dass sie nicht die Größten sind. Der aufgezwungene Beifahrer im geschmückten Streitwagen —­ ein Sklave —­ musste dem Gefeierten stoisch ins Ohr flüstern, er möge daran denken, dass auch er nur ein Mensch sei.

Mit ähnlicher Konstanz erinnert Bayer Leverkusens Trainer Jupp Heynckes Woche für Woche die Öffentlichkeit daran, bei Kritik an seinem Team doch bitte zu berücksichtigen, dass viele Spieler ihre erste Bundesligasaison spielten. Heute trifft Bayers jugendliche Auswahl auf den FC Schalke 04, der auch auf Nachwuchs setzt. Und beiden Vereinen könnte mit der abflauenden Unbekümmertheit ihrer Talente die Luft im Titelkampf ausgehen.

"Am Limit"

Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser verwendete im Vorfeld des Duells Dritter gegen Zweiter den Begriff "Limit". "Mag ja sein, dass der eine oder andere dieser jungen Akteure über seinem Limit gespielt hat und immer noch spielt. Jedenfalls ist es Jupp Heynckes gelungen, sie an dieses Limit heranzuführen", schrieb Holzhäuser im Stadionmagazin.

In Stefan Reinartz (21), Daniel Schwaab (21), Lars Bender (20), Toni Kroos (20) und Eren Derdiyok (21) zählt gleich ein Quintett zur (erweiterten) Stammformation, mit der Bayer 04 die Liga überraschte und 25 Spieltage lang ungeschlagen blieb. Für vier von ihnen ist es die Premierensaison im Oberhaus, Kroos wurde in seiner ersten richtigen Spielzeit zum Nationalspieler. Und der Schweizer Dediyok übertraf mit bisher zwölf Treffern alle Erwartungen.

Die jüngsten Formschwankungen oder individuellen Fehler der Nachwuchs-Truppe erscheinen jedem Fachmann als Normalität, nur sie kommen in der Endphase der Meisterschaft zum ungünstigsten Zeitpunkt. Jetzt, wo große und eigentlich nicht für möglich gehaltene Ziele in Griffweite sind, dürfte bei manchem die Unbekümmertheit durch gedankliches "Was wäre, wenn?" in den Hintergrund gedrängt werden.

Heynckes betont stets, seine Spieler gingen sehr selbstkritisch mit eigenen Fehlern um. Ob das Reflektieren der eigenen Situation allerdings auch geradewegs dazu führt, dass die Unbeschwertheit verloren geht, darf zumindest diskutiert werden. Ein paar Kilometer weiter stellen sich viele Fans des 1. FC Köln diese Frage in Bezug auf die Formkrise eines Lukas Podolski.

Schalke und sein heutiger Gegner ähneln sich derweil nicht nur in ihren Trainern, die beide eine Art "Sieger-Gen" in sich zu tragen scheinen (Heynckes: "Da habe ich jetzt wieder etwas gesagt"), sondern auch in ihrem System, auf den Nachwuchs zu setzen.

Spieler wie Lukas Schmitz (21), Joel Matip (18), Christoph Moritz (20) oder Carlos Zambrano (20), kannten vor der Saison nur die, die sich auch für Fußballspiele in Regional- oder Oberligen interessieren. Ein Ivan Rakitic (22) galt schon als gescheitert ­ als verweichlichter Schöngeist. Felix Magath machte sie alle zu Stammspielern, zu Identifikationsfiguren und Nachfolgern teurer Missverständnisse wie Orlando Engelaar.

Und er kletterte mit dem S04 mitten in den Meisterschaftskampf. Am Mittwoch, im Pokalduell gegen abgebrühte Münchner (0:1), wurden aber auch für den jungen Schalkern klare Grenzen aufgezeigt ­ Grenzen, die womöglich eine finale Platzierung ganz oben verhindern könnten.

Im Schlussspurt der Liga scheint für beide Klubs vieles auf Holzhäusers Forderung hinauszulaufen: "Jetzt gilt es eben, dieses Limit noch über die letzten sieben Spieltage zu halten." Irgendwie.

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