Kapitän Lars Bender Leverkusen ist weiter im Urlaubsmodus

München · Bayer 04 Leverkusen hat auch in München verloren und beim Spiel eklatante Schwächen offenbart. Die Mannschaft ist verunsichert. Unterm Bayer-Kreuz ist es aktuell ziemlich ungemütlich.

Keine sieben Minuten stand Karim Bellarabi auf dem Platz, da war der Arbeitstag für den ehemaligen Nationalspieler schon wieder beendet. Nach einem rüden Einsteigen gegen Münchens Rafinha sah der Leverkusener Flügelstürmer – offenbar gefrustet ob der drohenden Niederlage sowie seines Bankdrückerdaseins – von Schiedsrichter Tobias Welz die Rote Karte (80.). Dass der brasilianische Außenverteidiger des FCB anschließend unter Tränen vom Platz getragen werden musste, animierte Uli Hoeneß einmal mehr zu einem verbalen Rundumschlag.

„Das Foul von Bellarabi war natürlich geisteskrank“, sagte der Präsident des FC Bayern. „So etwas ist vorsätzliche Körperverletzung“. In den Augen des 66-Jährigen müsse Bellarabi, der sich am Sonntag in den Sozialen Medien für die Aktion entschuldigte, nicht wegen des Fouls an sich, sondern „für Dummheit“ drei Monate gesperrt werden. Rafinha wird dem Champions-League-Teilnehmer mit einer Sprunggelenksverletzung nun mehrere Wochen fehlen. Leverkusenes Sportgeschäftsführer Rudi Völler bewertete die Aktion naturgemäß anders. Das Foul an sich sei zwar dumm, aber keine Rote Karte gewesen. Sportdirektor Jonas Boldt betonte, dass die Szene nicht spielentscheidend gewesen sei.

Zumindest in diesem Punkt dürften sich die drei Funktionäre einig gewesen sein. Der Rekordmeister dominierte Leverkusen unabhängig von der Zahl der Spieler auf dem Rasen nach Belieben. Die Gäste durften am Ende froh sein, nur mit 1:3 (1:2) verloren zu haben. „Unsere Mentalität war zu Beginn gut“, sagte Leverkusens Trainer Heiko Herrlich – und kann damit eigentlich nur die ersten fünf Minuten gemeint haben. Denn in diesen erspielte sich die Werkself einen Handelfmeter, den Wendell zum 1:0 für den Außenseiter verwandelte (5.). In der Folge gab nur noch München den Ton an, und die Mauertaktik der Leverkusener, die mit sieben Defensivspielern in der Startformation auf Sicherheit bedacht war, scheiterte. Corentin Tolisso, der wegen einer Knieverletzung, die sich später als Kreuzbandriss herausstellte, noch in der ersten Halbzeit den Platz verließ, gelang der Ausgleich (10.). Neun Minuten darauf hatte Arjen Robben nach einem schwerwiegenden Patzer von Jonathan Tah die Partie zugunsten der Hausherren gedreht.

Die Werkself agierte verunsichert, unkonzentriert und fahrig in den Aktionen. Sie hatte Glück, dass FCB-Stürmer Robert Lewandowski keinen guten Tag erwischte und auch die übrigen Bayern-Profis um Thomas Müller und Co. es verpassten, das ungleiche Duell vorzeitig zu entscheiden. So blieb es Einwechselspieler James Rodriguez vorenthalten, in der 89. Minute für die Entscheidung per Kopf zu sorgen.

Leverkusens Kapitän Lars Bender, der wegen Knieproblemen verletzt ausgewechselt werden musste (27.), sprach nach der erneut desolaten Mannschaftsleistung Klartext. „Wir haben ihnen die ersten beiden Tore geschenkt, so etwas darfst du dir in München überhaupt nicht erlauben“, schimpfte der 29-Jährige. „Das war mutlos und ohne Selbstvertrauen.“ Die nächsten Wochen würden schwierig für den Tabellenletzten, befürchtet der defensive Mittelfeldspieler. „Nach dem heutigen Spiel gibt es nichts schönzureden. Das war kein Auftritt“, betonte Bender, der sich wie die Zuschauer an keine Situation erinnern konnte, in der die Werkself „drei, vier Bälle am Stück“ an den Mann brachte. „Und das ist natürlich zu wenig.“

Dass die Begegnung trotz der offensichtlichen Unterlegenheit der Gäste lange offen blieb, schien sich nicht bis zur Werkself durchgesprochen zu haben. Dieses Gefühl hatte auch der Spielführer. „Bis kurz vor Schluss stand es 2:1, und ich hatte nicht wirklich den Eindruck, dass wir das wussten.“ Er hofft nun, zum Start der Europa League am Donnerstag in Bulgarien bei Ludogorez Rasgrad (21 Uhr) „ein Zeichen“ zu setzen. „Da beginnt für uns die Saison noch einmal richtig. Wir müssen eine Reaktion auf die ersten Spiele zeigen und möglichst gewinnen. Dann muss man schon frühzeitig von einem Endspiel gegen Mainz sprechen“, sagte Bender, der die Werkself „noch im Urlaub“ wähnt.

Herrlich legte den Fokus anschließend ebenfalls auf die kommende Aufgabe auf internationaler Bühne und sagte: „Wir haben eine schwierige Situation, die Jungs sind nicht gerade mit Selbstvertrauen gesegnet.“ Boldt hatte einen recht pragmatischen Vorschlag, wie sich der Werksklub aus der aktuellen Misere befreien könne. „Spiele gewinnen. Eine andere Lösung gibt es nicht“, sagte der 36-Jährige. Chancen dazu bieten sich genug – es folgen drei Englische Wochen.

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