Bayers Jonathan Tah selbstkritisch „Es steckt noch so viel mehr in uns“
Leverkusen · Bayer Leverkusens Innenverteidiger Jonathan Tah attestiert der Werkself eine stabile Defensive und benennt Probleme in der Offensive. Torjäger Patrik Schick macht im Mannschaftstraining Fortschritte auf seinem Weg zum Comeback.
Am Dienstag wurde es laut auf dem Trainingsplatz an der BayArena. Trainer Xabi Alonso gab unüberhörbar Anweisungen, wie seine Profis im Spielaufbau mit Pressing des Gegners umzugehen haben: den Ball zurück zum Torwart passen und so lange über mehrere Stationen inklusive Seitenverlagerungen hin und her spielen, bis Räume entstehen. Tatsächlich war die Spieleröffnung eines der Mankos beim 0:1 zuletzt in Augsburg. Bayer spielte zu viele lange und hohe Bälle, die allzu oft verloren gingen. Entsprechend fordernd war der Coach bei der Einheit. Immer wieder griff er korrigierend ein und mahnte mehr Präzision oder Geistesgegenwart bei den Pässen an.
„Es ist aktuell schwierig“, sagte anschließend Jonathan Tah und fügte mit Blick auf den uninspirierten Auftritt in Augsburg hinzu: „Wir können noch mehr den Ball haben und mehr mit ihm anfangen. Es waren zu viele einfache Ballverluste dabei. Dazu haben wir unsere große Stärke – das Umschaltspiel – nicht effektiv genug genutzt. Entsprechend sind wir auch nicht gefährlich geworden.“
Das ist treffend beschrieben. In der Tat kam Bayer bei abstiegsbedrohten Augsburgern nur zu einer halben und einer wirklich gefährlichen Chance nach etwa 30 Minuten. Ansonsten herrschte im Sturm Windstille. Das ideenlose Offensivspiel der Werkself war nicht nur für Fußballästheten ungenießbar. „Die Niederlage gegen Augsburg tat uns sehr weh. Das ist offensichtlich“, kommentierte Tah die schwache Leistung im Südwesten Bayerns. „Wir müssen die Situation jetzt so annehmen, wie sie ist und uns auf unser Spiel fokussieren. Es ist klar, dass wir noch viel daran arbeiten können, aber wir wissen auch, dass wir schon viel Gutes machen.“
Das beschränkte sich in Augsburg jedoch auf das Geschehen in der eigenen Hälfte. Aus dem Spiel heraus kamen die Gastgeber nicht wirklich zu nennenswerten Gelegenheiten. Allerdings erzielte Mergim Berisha dennoch vergleichsweise mühelos den entscheidenden Treffer nach einer Ecke. „Es war ein blödes Standardgegentor, das man so nicht kriegen darf“, betonte Tah mit einem guten Schuss Selbstkritik.
Tabellarisch hatte die Niederlage auf den ersten Blick keine großen Konsequenzen. Leverkusen ging als Neunter in den Spieltag und ist nun Zehnter. Für die Ambitionen, vielleicht doch noch einen Platz zu erobern, der in den internationalen Fußball führt, war die zweite Pleite in Serie allerdings ein erheblicher Rückschlag. Im Moment geht es darum, nicht komplett im Niemandsland zu versinken. Das ist an sich schon eine schwierige Mission. Deutlich brisanter wird sie allerdings, wenn die Werkself weitere unnötige Niederlagen wie in Augsburg folgen lässt.
Acht Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz sind vorerst beruhigende. Auf der anderen Seite geht es am Samstag zur TSG Hoffenheim – ein Gegner, der zwar (noch) fünf Punkte hinter Bayer steht, aber just seinen Trainer gewechselt hat und mit dem Nachfolger von André Breitenreiter sicher sehr motiviert ins Spiel gehen wird. Alles deutet auf den ehemaligen Stuttgarter Coach Pellegrino Matarazzo hin.
„Ich glaube, wir sollten gerade gar nicht darauf schauen, was in der Tabelle möglich ist“, sagte Tah. „Es steckt noch so viel mehr in uns – und das müssen wir auf den Platz kriegen.“ Dass Patrik Schick den Großteil des Trainings mit der Mannschaft durchziehen konnte und sich nur unwesentlich früher als seine Teamkollegen in die anschließende individuelle Behandlung verabschiedet hat, ist in dem Zusammenhang eine gute Nachricht. Er dürfte am Samstag nach fast vier Monaten Pause wegen hartnäckiger Leistenbeschwerden wieder im Kader stehen.
Allerdings warnt Tah davor, die Bedeutung des Stürmers für das Offensivspiel der Werkself zu überhöhen. „Es ist zu einfach, das auf einen Spieler zu reduzieren“, sagte der 26-Jährige. „Er ist natürlich wichtig für uns und wir brauchen ihn – aber das gilt für alle, auf und neben dem Platz.“