Neuer Bayer-Coach Seoane stellt sich vor „Müssen der Mannschaft ein Gesicht geben“

Leverkusen · Bayer Leverkusens neuer Trainer Gerardo Seoane über seine Ambitionen beim Werksklub, Top-Talent Florian Wirtz und wie er seinen Profis mehr Verantwortung übertragen möchte.

Bayers neuer Cheftrainer Gerardo Seoane (vorne) erklärt Karim Bellarabi und Co., worauf es bei der nächsten Übung ankommt.

Bayers neuer Cheftrainer Gerardo Seoane (vorne) erklärt Karim Bellarabi und Co., worauf es bei der nächsten Übung ankommt.

Foto: Miserius, Uwe (umi)

Um kurz nach zehn Uhr am Dienstag betraten Gerardo Seoane und die Werkself den Trainingsplatz an der BayArena. Rund eineinhalb Stunden ließ der neue Übungsleiter von Bayer 04 die 16 Profis und sieben Jugendspieler verschiedene Übungen absolvieren – auch mit Ball. Im Anschluss an die erste Einheit stellte sich der 42-Jährige in einer virtuellen Medienrunde den Fragen. Wir haben seine wichtigsten Aussagen und auch die von Sportdirektor Simon Rolfes zusammengefasst.

Gerardo Seoane über. . .

. . .die Vertragsverhandlungen mit Bayer 04: „Ich hatte schon in den ersten Gesprächen ein sehr gutes Gefühl – sowohl menschlich als auch die sportlichen Ambitionen betreffend. Darum habe ich mich auch für Bayer Leverkusen entschieden. Die ersten Tage waren bereits sehr ereignisreich. Ich bin glücklich, wie die Sache angelaufen ist.“

. . .Unterschiede zwischen der Super League und der Bundesliga: „In der Schweiz haben wir nur zehn Mannschaften und jedes Team tritt vier Mal pro Saison gegeneinander an. Da kennt man sich aus dem Effeff. Die Bundesliga ist ein knallhartes Geschäft. Jede Mannschaft kann jede schlagen, weil in jedem Team qualitativ gute Trainer und Spieler sind. In Bern hatten wir die momentan stärkste Mannschaft der Schweiz zur Verfügung. Da galt es, verschiedene Ziele zu erreichen, was uns gut gelungen ist. Hier ist die Konstellation ein bisschen anders. Es ist viel schwieriger, bis zum Schluss ganz vorne zu stehen, weil es große Konkurrenz gibt.“

. ..seine Pläne mit der Werkself: „Unsere ersten Ziele lauten: die Mannschaft kennenlernen und ihr ein Gesicht geben. Nicht nur fußballerisch, sondern auch von der gesamten Einstellung her, wie sie auftreten soll. Darum geht es in in den nächsten zwei, drei Wochen.“

. . .den ersten Eindruck vom Team: „Ich habe eine motivierte Truppe kennengelernt. Nach fünf Wochen Ferien ist es aber auch klar, dass es etwas Zeit braucht – im koordinativen, aber auch im fußballerischen Bereich. Es fehlen natürlich noch einige Spieler, die noch mit ihren Nationalteams unterwegs oder im Urlaub sind. Das sind alles Spieler von hoher Qualität, die der Mannschaft noch einmal ein paar Prozentpunkte geben werden.“

. . .seine Idee vom Fußball: „Wahrscheinlich haben alle Trainer die Idee, attraktiven, offensiven Fußball spielen zu lassen, dabei keine Gegentore zu bekommen und mit ihrem Stil zu begeistern. Meine Aufgabe ist, aus unseren Ressourcen und den im Moment vorhandenen Spielern das Maximum herauszuholen. Es ist klar, dass wir unser Offensivpotenzial auf den Platz bringen wollen. Dafür müssen wir den Spielern einen guten Plan an die Hand geben, damit sie in diese Situationen kommen. Aber wir wollen selbstverständlich auch defensive Stabilität und als Mannschaft kompakt agieren. Heutzutage kannst du keine Spielphase mehr verschenken.“

. . .das Thema Führungsspieler: „Mit den Benders aber auch mit Dragovic haben wir Erfahrung abgegeben. Ich erwarte da von einigen Spielern im Kader, dass sie diesbezüglich den nächsten Schritt machen. Jedes mal, wenn Leute gehen, eröffnet das anderen die Möglichkeit, in diese Lücken zu stoßen. Da werde ich sicher versuchen, mit individuellen Gesprächen und Zielsetzungen, den ein oder anderen Spieler mehr Verantwortung zu geben, dass er mehr Führung übernimmt. Natürlich immer im Wissen, dass nicht alles vom ersten Tag an klappen wird.“

. . .das Gesicht der neuen Mannschaft: „Es ist sicher auch die Aufgabe von uns als sportliche Führung, die ein oder andere Komponente dazuzuholen, damit die Mannschaft das Gesicht bekommt, das wir uns wünschen. Eine Mannschaft, die Initiative zeigt, die extrem hungrig ist und die es versteht, in allen Spielphasen die nötige Aggressivität – mit und ohne Ball – auf den Platz zu bringen. Alle wissen, dass Leverkusen qualitativ hochwertige Spieler hat. Aber es muss auch ein Gefühl entstehen, dass es unangenehm ist, gegen Leverkusen zu spielen.“

. . .Florian Wirtz und wie er ihm helfen kann, den nächsten Karriereschritt zu machen: „Generell ist die Ausbildung eines Spielers erst mit 23, 24 oder 25 Jahren beendet. Es geht nicht nur um das Fußballerische, sondern auch um die Persönlichkeitsentwicklung, wie er mit Verantwortung und Drucksituationen umgeht. Das erste Jahr ist für einen jungen Spieler meist etwas einfacher, da überlegt man nicht soviel. Es kommt dann aber auch mal eine schwierigere Phase. Diese gilt es dann gemeinsam durchzustehen und dem Spieler weiterhin Vertrauen zu schenken, damit er zurückkommt. Florian hat wahnsinniges Talent, das haben mittlerweile auch alle Gegner klar erkannt. Die Aufgaben werden für ihn eher schwieriger als einfacher. Sich in dieser Situation trotzdem zu entfalten, das wäre dann der nächste Schritt.“

Simon Rolfes über. . .

. . .den neuen Coach: „Wir haben zum Ende der Saison sehr viele gute Gespräche geführt und dabei gemerkt, dass er sowohl sportlich als auch menschlich zu Bayer Leverkusen passt. Das ist eine ganz wichtige Komponente. Er hat seine sportlichen Qualitäten bei den Young Boys Bern eindrucksvoll unter Beweis gestellt, ist drei Mal in Serie Meister in der Schweiz geworden und hatte großen Anteil daran, dass sie den Fußball dort dominiert haben. Und er hat die Fähigkeit gezeigt, eine Mannschaft und Spieler weiterzuentwickeln – auch junge Spieler. Das ist eine ganz wichtiger Punkt bei uns, da wir selbst viele junge Spieler haben. Wir wollen erfolgreichen Fußball spielen, aber natürlich auch unsere Spieler entwickeln.“

. . .die Bedeutung des verlorenen Sechzehntelfinals in der Europa League gegen Seoane und die Young Boys Bern (3:4 und 0:2) vor wenigen Monaten: „Dass er sehr gute Arbeit leistet, war uns nicht erst seit den Spielen gegen uns in der Europa League bekannt. In den beiden Partien hat er es sehr clever gemacht und ist mit einer etwas veränderten Spielweise im Vergleich zu den Auftritten in der Schweizer Liga angetreten. Das hat auch gezeigt, dass er in den wichtigen Momenten die richtige Art und Weise findet, eine Mannschaft einzustellen und wie flexibel er ist.“

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