Bayers 1B-Stürmer Schicks Ausfall ist Alarios Chance

Leverkusen · Lucas Alario fristet bei Bayer Leverkusen ein Schattendasein hinter Patrik Schick. Nach der Verletzung des formstarken Torjägers kommt es nun aber auf den Argentinier an. Für ihn geht es auch um das Ticket für die Weltmeisterschaft.

 Ein Sprung, fast wie das Logo der Bundesliga: Bayer Leverkusens Lucas Alario.

Ein Sprung, fast wie das Logo der Bundesliga: Bayer Leverkusens Lucas Alario.

Foto: AP/Ina Fassbender

Die Beziehung von Lucas Alario und Bayer Leverkusen ist kompliziert. Ende August 2017 kam er nach großem Transfertheater von River Plate aus Buenos Aires ins Rheinland. 19 Millionen Euro Ablöse sind geflossen. Nachhaltig glücklich ist der Stürmer bei der Werkself nicht geworden. Erst war er häufig die Nummer zwei hinter Kevin Volland, nach dessen Abgang zur AS Monaco verpflichtete Bayer in Patrik Schick den nächsten namhaften Konkurrenten.

Alario verfügt über einen ausgeprägten Torinstinkt. Im Strafraum sei der Angreifer „eine Maschine“, adelte ihn Torwart Lukas Hradecky im November 2020. Damals war Schick kurz nach seinem Wechsel zu Bayer verletzt – und sein Ersatzmann machte nicht zum ersten Mal mit starken Leistungen auf sich aufmerksam. Acht Mal traf Alario in seinen ersten acht Ligaspielen der Saison, beim 3:1 gegen Augsburg, 4:2 in Freiburg und 4:3 gegen Gladbach schnürte er gar drei Doppelpacks in Serie. Dennoch fand er sich zügig auf der Bank wieder, nachdem Schick genesen war.

Seit dieser Saison fristet Alario endgültig ein Schattendasein hinter dem treffsicheren Tschechen, der vor seinem Faserriss an der linken Wade beim 2:3 in Mainz am Freitag sein 20. Ligator in dieser Saison erzielte. Es blieben ihm zuletzt nur kurze und mäßig erfolgreiche Einsätze. Nie war der 29-Jährige weiter weg davon, Bayers Stürmer Nummer eins zu sein. Dafür ist er die wohl beste „1B“ der Bundesliga.

Von seinem Berater ist in dem Zusammenhang die schöne Metapher überliefert, dass man einen Ferrari nicht dauerhaft in der Garage lassen sollte. Das Sprachbild aus dem August 2020 war von der Ankündigung begleitet, dass man zur Not auch nach einem neuen Verein Ausschau halte. Alario müsse häufiger spielen, war die Botschaft – oder, um im Bild zu bleiben: Der Stürmer braucht mehr Gelegenheiten, seine PS auf den Rasen zu bringen.

Zum Auf und Ab in der Beziehung gehört aber auch, dass Alario seinen Vertrag vor rund einem halben Jahr bis 2024 verlängert hat. Beide Seiten wissen, was sie aneinander haben. Der Spieler schätzt das professionelle Umfeld und die Qualität der Mannschaft, Sportdirektor Simon Rolfes sieht in ihm einen „Torjäger durch und durch“, auf den sich Bayer „immer verlassen kann, wenn man ihn braucht.“ Dieses Image kann der Argentinier nun erneut bestätigen. Schick wird der Werkself einige Wochen fehlen, Winterzugang Sardar Azmoun steigt wohl erst in dieser Woche ins Mannschaftstraining ein. Trainer Gerardo Seoane dürfte also vorerst voll auf Alario setzen.

Das ist eine Konstellation, von der alle Beteiligten profitieren können. Der notorisch unzufriedene, gleichzeitig aber stets seriös und motiviert arbeitende Angreifer geht wohl in sein letztes halbes Jahr in Leverkusen. Schon in der Winterpause war er heftig umworben. Das Interesse von Hertha BSC ist verbrieft, das von Eintracht Frankfurt war ein brodelndes Gerücht.

Auch in Italien und Spanien schätzt man Alarios Qualität als Strafraumstürmer, die er auch in Mainz bei seinem Tor zum 2:1 demonstrierte. Der Treffer machte ihn zum erfolgreichsten Joker der Klubgeschichte. Mit neun Treffern nach Einwechslungen löste er Dimitar Berbatov ab. Allerdings ist er sehr abhängig von Flanken und Zuspielen seiner Teamkollegen, mehr noch als Schick. Das ist ein Grund, warum der schnellere, spielstärkere Konkurrent den Vorzug erhält, wenn er fit ist.

Die WM in Katar ist Alarios großes Ziel. Argentiniens Sieg bei der Copa América und Olympia in Tokio verpasste er 2021 verletzt – eine bittere Erfahrung. Insofern liegt es in seinem Interesse, die Chance durch Schicks Ausfall zu nutzen. Dabei geht es nicht nur um die WM im Winter, sondern auch um die Empfehlung für andere Klubs im Sommer, bei denen er dann vielleicht endlich die Nummer eins sein kann.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort