Bayer Leverkusen Bayer 04 stellt die U 23 auf den Prüfstand

Leverkusen · Die Vorschrift, dass Fußball-Bundesligisten eine zweite Mannschaft melden müssen, könnte bald abgeschafft werden.

 Gang ins Ungewisse: Ob es bei Bayer 04 eine Zukunft für die U 23 um Hamadi Al Ghaddioui (vorne) gibt, wird derzeit hinter den Kulissen diskutiert.

Gang ins Ungewisse: Ob es bei Bayer 04 eine Zukunft für die U 23 um Hamadi Al Ghaddioui (vorne) gibt, wird derzeit hinter den Kulissen diskutiert.

Foto: UM (Archiv)

Hätte man vor zehn Jahren bei Bundesliga-Vereinen nachgefragt, wer bei ihnen nach den Profis die wichtigste Mannschaft sei, die Antwort wäre wohl klar gewesen: die zweite Mannschaft, natürlich. Zehn Jahre später dürfte die Antwort ebenso klar ausfallen, nur wäre die Antwort eine andere: Heute ist — und da bildet Bayer 04 im Kreise seiner 35 Mitstreiter in der der Deutschen Fußball-Liga (DFL) keine Ausnahme — die A-Jugend, die U 19, die wichtigste Mannschaft im Unterbau der Lizenzspielerabteilung. "Das Hochleistungsalter hat sich inzwischen deutlich nach vorne verschoben. Die Ausbildung hat im Fußball einen deutlich höheren Stellenwert als früher", unterstreicht Jürgen Gelsdorf, Nachwuchsleiter bei Bayer 04.

Die zweite Mannschaft hat über die Jahre als Übergangsstation für Talente aus dem Nachwuchsbereich derart an Bedeutung eingebüßt, dass die deutschen Profivereine nach Informationen unserer Zeitung in diesen Wochen mehrheitlich dafür plädieren, aus dem Unterhalt einer U 21/U 23/Reserve nicht länger eine Verpflichtung zu machen. Bislang schreiben die Regularien der DFL genau das vor.

Man denke intensiv darüber nach, wie der Übergang zu den Profis verbessert werden kann, lassen die Bayer-Verantwortlichen wissen. Denn dass in dem Punkt einiges im Argen liegt, ist rund um BayArena und den aus allen Nähten platzenden Kurtekotten ein offenes Geheimnis. Sascha Lewandowski als verantwortlichem Nachwuchs-Cheftrainer obliegt maßgeblich die Analyse des Ist-Zustandes im älteren Nachwuchsbereich und die Erarbeitung eines Konzepts für eine in Zukunft bessere Durchlässigkeit. Die zentrale Erkenntnis einer ehrlichen Aufarbeitung lautet: Welchem Talent, dem man mittelfristig den Sprung ins Bundesligateam zutraut, will man als Entwicklungsetappe eine Zeit in der Viertliga-Mannschaft angedeihen lassen?

Wenn heute ein Julian Brandt, ein Levin Öztunali, wenn gestern ein Arkadiusz Milik oder ein Dominik Kohr in der Leverkusener U 23 aufliefen, dann nur, um die Spielpraxis zu sammeln, die ihnen "oben" noch verwehrt blieb, oder um der zweiten Mannschaft im Saisonfinale im Kampf gegen den Abstieg beizustehen. "Der Leistungsgedanke und die Orientierung am Spitzensport müssen früher einsetzen als bisher", lautete dann auch Wolfgang Holzhäusers Forderung im Mai 2013.

Spielpraxis für eigene Talente ließe sich, darüber wird bei Bayer 04 aktuell diskutiert, womöglich besser und anders realisieren. Eine Kooperation mit einem ambitionierten Drittligisten wäre ein Gedanke — gerade bei einem Verein wie Leverkusen, in dem die Ausleihpraxis junger Spieler ohnehin zur Politik gehört. Und wenn sich die Mehrheit der Profiklubs von ihren zweiten Teams verabschiedet, wüchse ohnehin der zeitliche Raum für Freundschaftsspiele von Teams, die aus den Reservespielern der Profis und den förderungswürdigen U 19-Spielern gebildet werden. Klar ist: Die DFL als Dienstleister ihrer Klubs wird sich einem Wunsch der großen Mehrheit nach "Freiwilligkeit" für eine zweite Mannschaft im Zweifelsfall kaum verschließen.

Das wäre auch für Gelsdorf der richtige Weg: "Jeder Verein sollte selbst entscheiden können. Denn für manche Klubs ist das genau das Richtige, für andere nicht." Eine Entscheidung für oder gegen die U 23 gebe es noch nicht, sagt der Nachwuchsleiter: "Wir sind dabei, alles zu hinterfragen. Das ist eine sehr vielschichtige Angelegenheit."

(RP)
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