Kommentar zu Bayer 04 Viel riskiert, viel gewonnen
Meinung | Leverkusen · Heiko Herrlich im Winter nach zuvor zwei Siegen sowie dem Weiterkommen in der Europa League und im Pokal zu entlassen, war letztlich eine gute Entscheidung. Peter Bosz hat der Werkself die richtigen Impulse gegeben.
Der Blick zurück fällt angesichts der Kraft des Moments schwer, aber die Erklärung von Bayers Champions-League-Einzug fängt im vergangenen Winter an. Und der war hart. Einen Tag vor Weihnachten setzten die Verantwortlichen um Sportgeschäftsführer Rudi Völler Trainer Heiko Herrlich vor die Tür. Damals steckte die Werkself im Niemandsland der Tabelle fest, zeigte aber eine aufsteigende Tendenz und überwinterte in Pokal sowie Europa League. Dennoch kam man in der Chefetage zu dem Entschluss, dass ein neuer Impuls notwendig ist – und der hieß: Peter Bosz.
Es war eine Entscheidung, die nicht jeder hundertprozentig nachvollziehen konnte, doch 17 Spieltage später ist klar: Sie war richtig. Der Niederländer hat nicht nur Taktik und Ausrichtung des Teams umgekrempelt, sondern ihm auch einen neuen Geist eingehaucht. Er hat die in der Hinrunde häufig uninspiriert und gehemmt wirkenden Profis mit seiner ruhigen, aber bestimmten Art erreicht und ihnen seine betont offensive, attraktive, aber auch riskante Fußballidee eingeimpft. Abgesehen von einem kleinen Tief Mitte der Rückrunde mit drei Niederlagen in Folge und dem Aus in beiden Pokalwettbewerben legte die Werkself einen beeindruckenden Durchmarsch hin. Das ist das Werk von Bosz.
Kollegen wie Dieter Hecking oder Friedhelm Funkel kritisieren derzeit, dass Trainer zu schnell oder ohne triftigen Grund entlassen werden. Das mag in einigen Fällen zutreffen, doch bei Bayer 04 war der riskante Wechsel auf der Bank zur Saisonhalbzeit ein gewagter Schritt, mit dem viel gewonnen ist – und zwar mehr als ein würdiger Schlusspunkt hinter dem 40. Leverkusener Bundesliga-Jahr.