Bayer-Trainer Bosz vor Europa-League-Rückspiel „Die Sache ist für mich noch nicht durch“

Leverkusen · Peter Bosz warnt vor dem Rückspiel in der Europa League vor den Glasgow Rangers. Der Trainer von Bayer 04 Leverkusen spricht zudem über die Belastung, Kai Havertz und Ambitionen auf Titel sowie das Amt des Bondscoaches.

Peter Bosz, Trainer von Bayer 04 Leverkusen, sieht sich selbst als „eine Art Pendelwaage“.

Peter Bosz, Trainer von Bayer 04 Leverkusen, sieht sich selbst als „eine Art Pendelwaage“.

Foto: dpa/Marius Becker

Kurz vor dem Rückspiel in der Europa League in der heimischen BayArena am Donnerstag (18.55 Uhr) hat Peter Bosz der Deutschen Presse-Agentur ein Interview gegeben. Der Trainer von Bayer 04 Leverkusen über...

...die mentale und physische Belastung durch das stramme Programm: „Das hängt unmittelbar miteinander zusammen. Spieler werden meist verletzt, wenn sie müde sind. Wenn ein Spieler frisch ist, sieht er den Gegner in seinem Rücken kommen und kann sich eher schützen. Sind die Spieler am Anschlag, agieren sie langsamer und weniger konzentriert, sie sehen den Gegner nicht kommen. An Corona hat niemand Schuld. Aber man muss nun noch mehr aufpassen, dass man die Spieler nicht zu sehr belastet. Schon nach Welt- und Europameisterschaften häufen sich die Verletzungen. Aber dieser Rhythmus ist bekannt. Nun fängt unsere Saison wegen Corona einen Monat später an und muss wegen der EM zum selben Zeitpunkt zu Ende sein. Ich möchte den Spielern nach der Europa League noch mal Urlaub geben, aber wie viel das sein wird, hängt davon ab, wie weit wir kommen.“

...über Kai Havertz: „Ich rede viel mit Kai und versuche zu spüren, was all das mit ihm macht. Zum Beispiel diese täglichen Wechsel-Gerüchte. Und ich stelle immer wieder fest, dass Kai sehr gut mit all dem umgeht. Ich glaube nicht, dass er mit 29 aufhören wird.“

Ob er ein „Top-Top-Spieler“ werden könne? „Das weiß man nie. Aber in Deutschland wird er so behandelt, als sei er schon einer. Deshalb versuche ich auch etwas gegenzusteuern, wenn es öffentlich immer nur um Kai geht. Wir haben viele tolle Spieler im Kader. Ich sehe mich als Trainer wie eine Art Pendelwaage. Wenn Dinge zu sehr ausschlagen, versuche ich sie auszubalancieren. Kai wurde oft übermäßig gelobt, obwohl er nicht überragend war. Und wurde oft sehr kritisch gesehen, obwohl er nicht so schlecht war.“

Auf die Frage: „Wissen Sie denn, was Havertz will?“, sagt Bosz: „Ja, das weiß ich. Aber ich werde es natürlich nicht verraten, es ist ja seine Sache. Vielleicht kommt heute der entscheidende Anruf, vielleicht nächste Woche, vielleicht gar nicht.“

..über seine Ambitionen, irgendwann niederländischer Nationaltrainer zu werden: „Bondscoach zu werden, ist das Höchste, was man in Holland erreichen kann. Ich weiß, dass mein Name gehandelt wurde, bevor Ronald Koeman kam. Aber damals stand ich in Dortmund unter Vertrag. Es geht im Fußball immer um Timing. Ich habe gelesen, dass Jürgen Klopp immer dann, wenn Bayern München ihn holen wollte, nicht verfügbar war. Das heißt aber wohl nicht, dass Bayern ihn nicht wollte. Sollte es irgendwann einmal passen als Bondscoach, würde ich mich sicher freuen. Wenn nicht, dann ist es so. Ich weiß sowieso nicht, wie lange ich noch Trainer bin. Vielleicht noch drei Jahre, vielleicht auch acht. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich wie zum Beispiel Dick Advocaat mit 72 noch im Trainingsanzug auf dem Platz stehe. Ich mache es, solange es mir Spaß macht. Aber man ist auch oft von der Familie getrennt. Und ich will noch einige gute Jahre mit der Familie verbringen. Jetzt in Leverkusen geht es sehr gut, bis nach Hause nach Apeldoorn sind es nur anderthalb Stunden.

Peter Bosz – der neue Trainer von Bayer 04 Leverkusen
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...über den Ehrgeiz in der Europa League: „Der ist sehr groß. Aber man erreicht nichts, wenn man darüber redet. Man muss immer fokussiert sein auf die nächste Aufgabe, und die ist das Rückspiel gegen Glasgow. Den Fehler, weiter zu denken werde ich nicht machen. Glasgow hat zuletzt super Ergebnisse geholt. Wir in Glasgow auch (3:1, d. Red.), aber wir haben da nicht gut gespielt. Deshalb ist die Sache für mich noch nicht durch.“

...die Sehnsucht nach einem Titel seit dem letzten aus dem Jahr 1993: „Ich habe die Geschichten gehört von Vizekusen. Aber ich spreche immer mit dem Herzen. Ich arbeite bei Bayer Leverkusen, das ist ein super Verein. Dann muss das Ziel doch sein, auch Titel zu holen. Das heißt doch nicht automatisch, dass die ganze Saison schlecht war, wenn es am Ende nicht klappt. Aber ich habe auch kein Problem damit, diese Ambition zu äußern. Und wir waren in diesem Jahr am Pokal ja schon nahe dran.“

(dpa/ame)
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