Analyse Drei Gründe für die Krise der Werkself

Leverkusen · Bayer 04 hangelt sich von Länderspielpause zu Länderspielpause. Während es in Pokal und Europa League nach Plan läuft, ist die Lage in der Bundesliga alarmierend. Es gibt Gründe für die Krise. Eine Analyse der Lage.

Im Kreuzfeuer der Kritik: Die Zeiten, in denen Heiko Herrlich in Ruhe die Werkself trainieren konnte, sind vorbei.

Im Kreuzfeuer der Kritik: Die Zeiten, in denen Heiko Herrlich in Ruhe die Werkself trainieren konnte, sind vorbei.

Foto: dpa/Walter Bieri

Die Marke „schlechtester Saisonstart aller Zeiten“ hatte sich Bayer 04 nach den drei Niederlagen zum Auftakt der Bundesliga gesichert. Was danach kam, war in den meisten Fällen nur unwesentlich besser. Natürlich feierte die Werkself auch rauschende Siege, aber in der Retrospektive waren das Ausreißer nach oben in einer ansonsten bisher tristen Saison. Elf Spiele, drei Siege, elf Punkte – die Mannschaft von Trainer Heiko Herrlich ist meilenweit von den eigenen Ansprüchen entfernt. Das hat vor allem drei Gründe.

Taktik In der vergangenen Saison war die Variabilität der Werkself noch eine ihrer Stärken, doch momentan ist davon nicht viel übrig geblieben. Es ist im Grunde egal, ob Bayer 04 vor dem eigenen Tor mit einer Dreier-, Fünfer-, oder Viererkette spielt. Die Anfälligkeit für Gegentreffer ist groß, 24 sind es bereits in der Liga. Im Spiel nach vorne sieht es nicht viel besser aus. Trotz der vielen hochveranlagten Offensivakteure spielt Leverkusen oft ideenlos und mit wenig Tempo.

Wenn der Gegner Herrlichs Team nicht den Gefallen tut, es zu schnellem Umschaltspiel einzuladen, nähert sich die Torgefahr dem Nullpunkt. Das Spiel zu machen und spielerische Lösungen für dicht gestaffelte Defensivreihen zu finden, scheint eine Mammutaufgabe zu sein. Kurz gesagt: Die Balance zwischen Defensive, Offensive, Spielaufbau und Umschaltspiel stimmt nicht. Aus taktischer Variabilität ist bisweilen Konfusion geworden.

RB Leipzig gegen Bayer 04 Leverkusen: die Werkself in der Einzelkritik
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Leipzig - Bayer: die Werkself in der Einzelkritik

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Foto: AP/Jens Meyer

Form Ein Großteil der Leistungsträger steckt in einem Tief. Leon Bailey, der vor einem Jahr Fußballästheten mit seinen Finten, Dribblings und trickreichen Abschlüssen entzückte, ist seit Monaten ein Schatten seiner selbst. Jonathan Tah ist in der Innenverteidigung zudem nicht mehr der Sicherheitsgarant, der er sein kann. Auch Julian Brandt ist trotz einiger lichter Momente weitgehend ein Formsuchender – ebenso wie Lucas Alario, der in der Bundesliga noch ohne Treffer dasteht. Auch Wendell oder Mitchell Weiser überzeugen nicht auf den für das Spiel der Werkself wichtigen Außenverteidigerpositionen.

Lichtblicke sind bislang nur Kai Havertz, der nach 16 Pflichtspielen bislang sechs Tore sowie fünf Vorlagen auf dem Konto hat, und Karim Bellarabi, der vor seinen muskulären Problemen regelrecht aufdrehte (8/7/3). Auch Kapitän Lars Bender spielt bislang eine gute Saison. Der Rest des Teams hat sich weitgehend im grauen Mittelmaß eingependelt.

Einstellung Wenn Kevin Volland derart deutliche Kritik an seiner Mannschaft übt, wie nach dem 0:3 in Leipzig („keine Struktur, keine Mentalität, keine Giftigkeit“, „Jeder hat für sich gespielt“), lässt das tief blicken. Tatsächlich scheint die Werkself ein Mentalitätsproblem zu haben. Anders ist die brisanteTabellenlage kaum zu erklären. Der unbedingte Wille, ein Spiel zu gewinnen, ist bei Bayer nur noch selten sichtbar.

RB Leipzig - Bayer 04 Leverkusen: die Bilder des Spiels
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Leipzig - Leverkusen: die Bilder des Spiels

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Foto: dpa/Jan Woitas

Charakter- und Mentalitätsfragen wurden in dieser Saison schon viele gestellt, doch Antworten lassen auf sich warten. Das Heimspiel am 23. November gegen Stuttgart (20.30 Uhr) ist wegweisend für alle Beteiligten. „Gegen Stuttgart können die Spieler beweisen, dass sie richtige Kerle sind“, sagte Sportgeschäftsführer Rudi Völler unlängst und lenkte damit den Druck, der auf Herrlich lastet, auf die Spieler um.

Insofern dürfte das Kellerduell gegen das Schlusslicht zu einem rund 90-minütigen Charaktertest werden. Ausgang ungewiss.

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