Bayer Leverkusen Zum Abschied ein Lächeln

Leverkusen · Bayer 04 hat sich nach 978 Tagen von Trainer Roger Schmidt getrennt. Ein Nachfolger soll am Montag vorgestellt werden.

 Roger Schmidt lächelt bei einem Spiel der Werkself. Auch an seinem letzten Arbeitstag wirkte der Coach nicht missmutig.

Roger Schmidt lächelt bei einem Spiel der Werkself. Auch an seinem letzten Arbeitstag wirkte der Coach nicht missmutig.

Foto: dpa, fg nic

Ob Roger Schmidt von seiner bevorstehenden Entlassung gewusst hat? Falls ja, dann hat sich der Bayer-Coach nach dem Training im Schatten der BayArena gestern Morgen zumindest nichts anmerken lassen. Wie selbstverständlich schrieb der 49-Jährige Autogramme, posierte mit Fans für Selfies - ein schnelles Lächeln für die Kamera, ein Klick und fertig. Drei Stunden später war für Schmidt das Kapitel Bayer 04 beendet. "Angesichts der aktuellen sportlichen Entwicklung sind wir nach sehr ausführlicher Analyse und Beratung zu der Auffassung gelangt, dass eine Trennung zwar schmerzhaft, aber für die weitere Entwicklung und Zielerreichung von Bayer 04 unumgänglich ist", sagte Geschäftsführer Michael Schade.

Die Entscheidung, den im Sommer 2014 mit vielen Vorschusslorbeeren von Red Bull Salzburg verpflichteten Trainer zu entlassen, kommt nicht ohne Vorwarnung. Leverkusen spielt die schlechteste Bundesliga-Saison seit 14 Jahren und droht erstmals seit 2009 einen internationalen Wettbewerb zu verpassen. In der aktuellen Champions-League-Saison steht die Werkself nach dem 2:4 im Achtelfinale gegen Atlético Madrid vor dem Aus. Das über weite Strecken desolate 2:6 am Samstag beim Tabellendritten Borussia Dortmund hat das Fass zum Überlaufen gebracht.

Während Schmidt noch auf dem Fußballplatz Bälle und Hütchen einsammelte, fiel einige Meter entfernt in der BayArena hinter verschlossenen Türen die Entscheidung gegen den Trainer. Klubboss Schade, Sportdirektor Rudi Völler, Manager Jonas Boldt sowie Aufsichtsratschef Werner Wenning zogen die Notbremse. Vor allem Völler fiel der Beschluss schwer. Er hatte sich in den vergangenen Monaten immer wieder wie ein Prellbock vor Schmidt gestellt und den Trainer auch nach wiederholten Ausrastern an der Seitenlinie - Schmidt wurde in seiner Amtszeit insgesamt drei Mal auf die Tribüne verbannt - geschützt.

"Ich halte Roger Schmidt für einen absoluten Top-Trainer und habe mich deshalb immer und überall aus voller Überzeugung für ihn eingesetzt", sagte der Weltmeister von 1990. Aber Bayer musste "jetzt handeln, wenn wir unsere Ziele nicht vollends aus den Augen verlieren wollen". Entscheidend sei jetzt, Konstanz in die Leistungen der Mannschaft zu bringen. Völler: "Unser Team hat große Qualitäten, die es allerdings viel zu selten in dieser Saison gezeigt hat. Die Spieler stehen nach der Trennung von Roger Schmidt mehr denn je in der Pflicht und in der Verantwortung, diese Qualitäten wieder freizusetzen." Bereits die Partien in Köln im Dezember sowie gegen Frankfurt im Februar wurden zu Schicksalsspielen für den mitunter eigenwilligen Trainer auserkoren. Doch immer wieder konnte er den Kopf aus der Schlinge ziehen. Jetzt traf es ihn doch.

Roger Schmidt: Ein Porträt in Bildern
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Das ist Roger Schmidt

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Foto: AFP/PATRICIA DE MELO MOREIRA

Klubchef Schade hob noch einmal die positiven Aspekte von Schmidts Bayer-Karriere hervor. "In seiner Amtszeit haben wir uns dreimal für die Gruppenphase der Champions League qualifiziert. Außerdem hat er junge Spieler weiterentwickelt und zu Nationalspielern geformt", sagte Schade. In Benjamin Henrichs, Jonathan Tah, Julian Brandt, Karim Bellarabi und Bernd Leno haben mehrere Spieler von Bayer 04 in Schmidts Ägide den Weg in die Nationalmannschaft gefunden - ein Verdienst, den er sich auf die Fahne schreiben kann.

Als mögliche Interimslösung wird Markus von Ahlen (46) gehandelt. Der ehemalige Trainer von 1860 München ist derzeit für Bayers U19 verantwortlich. Heute will der Klub seinen neuen Coach vorstellen.

(sb)
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