Frust bei der Werkself Bayers Blamage sorgt für Redebedarf

Elversberg · Leverkusen legt beim 3:4 in Elversberg eine spektakuläre Bruchlandung hin. Nach dem Pokal-Aus beim Drittligisten herrscht Ratlosigkeit. Sportgeschäftsführer Simon Rolfes kündigt eine intensive Aufarbeitung der Pleite an.

Leverkusens Kapitän Lukas Hradecky diskutiert nach dem Schlusspfiff in Elversberg mit enttäuschten Fans der Werkself.

Leverkusens Kapitän Lukas Hradecky diskutiert nach dem Schlusspfiff in Elversberg mit enttäuschten Fans der Werkself.

Foto: Imago/Eibner/Neis

Es läuft die 89. Minute. Patrik Schick hat gerade den Anschlusstreffer erzielt, aus der Sicht von Bayer Leverkusen steht es 3:4 gegen den Drittligisten SV Elversberg. Doch anstatt den Ball sofort aus dem Netz zu fischen, unter den Arm zu klemmen und die Teamkollegen auf dem Weg zum zügigen Wiederanstoß noch einmal anzustacheln, trotten die meisten Spieler der Werkself mit hängenden Schultern Richtung Mittelkreis – eine bemerkenswerte Körpersprache für ein Spiel, in dem es um alles oder nichts geht. Spannung bietet die Nachspielzeit zwar noch, aber keine weiteren Tore. Bayer verabschiedet sich zum ersten Mal seit 2011 bereits nach der ersten Runde aus dem Pokal.

Die Blamage im Saarland kommt einer Bruchlandung gleich. Der Champions-League-Teilnehmer aus Leverkusen hat eine gelungene Vorbereitung hinter sich und ist stolz, alle Leistungsträger der erfolgreichen Vorsaison gehalten zu haben. Entsprechend groß sind die Ambitionen. Trainer Gerardo Seoane sprach vor dem ersten Pflichtspiel der Saison davon, das Maximum in allen Wettbewerben anstreben zu wollen. Das ist freilich eine gängige Floskel im Profisport, aber in Bayers Umfeld gibt es wohl niemanden, der den Pokal nicht als die größte Chance auf den ersten Titel seit 1993 angesehen hat. Die ist nun vergeben, mehr als das Minimum war nicht drin.

Bayer 04 Leverkusen: Noten und Einzelkritik gegen SV Elversberg
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Elversberg - Bayer 04: die Werkself in der Einzelkritik

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Foto: dpa/Uwe Anspach

Der Spielverlauf spiegelt keineswegs einen klassischen Pokalfight wider, in dem der Außenseiter mauert und auf Konter lauert. Stattdessen war Elversberg schlicht und ergreifend die bessere Mannschaft. Schon nach rund zwei Minuten traf Jannik Rochelt zur Führung. Der Ausgleich durch Zugang Adam Hlozek ließ zwar nicht lange auf sich warten (5.), doch der ebenso mutig wie forsch agierende Drittligist ging durch einen von Kevin Koffi verwandelten Foulelfmeter erneut in Front (17.). Charles Aránguiz egalisierte nach einer halben Stunde, die in diesem Jahr noch ungeschlagenen Saarländer legten noch vor der Halbzeit durch Luca Schnellbacher nach (37.).

Natürlich hatte Leverkusen gerade in der ersten Halbzeit viele weitere gute Gelegenheiten. Das war aber nicht einer spielerischen Überlegenheit geschuldet, sondern vor allem der individuellen Qualität. Als Kevin Conrad den vierten und keineswegs unverdienten Treffer der Gastgeber erzielte (74.), war das Aus des Favoriten im Grunde besiegelt. Daran änderte auch Schicks Tor zum Anschluss nichts.

Entsprechend groß war der Frust bei den mitgereisten Fans der Werkself, aber auch bei den gescheiterten Profis. Kapitän Lukas Hradecky platzte regelrecht der Kragen. „Dass die Fans sauer sind, ist völlig legitim. Nach einer guten Vorbereitung kommen wir hier hin und denken, dass wir die Tollsten sind – und dann verlieren wir gegen Elversberg“, schimpfte der Torwart. Erklären konnte er den Auftritt seines Teams nicht. „Es gibt für uns sehr viel zu bereden. Ich habe die Mannschaft nicht wiedererkannt. Mit so vielen Gegentoren schaffst du nichts. Wir haben zwar gute Leute vorne, aber die können nicht immer vier, fünf Tore schießen.“

Bayers Sportgeschäftsführer Simon Rolfes, der 2011 beim 3:4 nach Verlängerung in der ersten Pokalrunde bei Dynamo Dresden noch selbst als Spieler auf dem Platz stand, war ebenfalls fassungslos. „Wir hatten von Beginn an keine Bereitschaft, als Mannschaft zu verteidigen. Das ist eine riesige Enttäuschung und der Ursprung des Ganzen.“ Die Werkself habe nicht die Eigenschaften gezeigt, die sie vergangene Saison auf Platz drei der Bundesliga gebracht habe. „Es gibt keine Ausreden. Jeder muss sich an die eigene Nase fassen. Das haben wir alle zusammen verbockt.“

Der 40-Jährige kündigte eine intensive Aufarbeitung der Blamage an. „Wir werden klare Worte an die Mannschaft richten. So kann man nicht in Spiele gehen. Es ist wichtig, dass die Spieler das schnell verstehen und jeder einzelne in sich geht.“ In der Tat bleibt nicht viel Zeit, die Pleite zu verarbeiten. Am Samstag startet die Werkself in Dortmund in die Liga (18.30 Uhr).

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