Erster Startelfeinsatz, erstes Tor Mitchell Weiser ist plötzlich ein Derbyheld

Köln · Durch den kurzfristigen Ausfall von Lars Bender rückte Mitchell Weiser vor dem Lokalduell in Köln unverhofft in die Startformation der Werkself. Nicht nur wegen seines Treffers zum 1:0 zeigte der 26-Jährige, dass auf ihn Verlass ist.

 Aleksandar Dragovic feiert mit seinem Teamkollegen Mitchell Weiser (l.).

Aleksandar Dragovic feiert mit seinem Teamkollegen Mitchell Weiser (l.).

Foto: dpa/Wolfgang Rattay

Aus irgendeinem Grund muss es Mitchell Weiser geahnt haben. Als Nadiem Amiri zum Freistoß aus dem linken Halbfeld antrat, machte der Rechtsverteidiger zunächst einen Schlenker in Richtung Außenlinie. Während die Kölner Profis und auch die angreifenden Bayer-Spieler nach der Flanke von Amiri in Richtung des Tors von Keeper Timo Horn rannten, stoppte Weiser plötzlich ab, änderte seinen Laufweg und stand plötzlich goldrichtig. Die Kopfballabwehr von FC-Verteidiger Sebastiaan Bornauw landete genau vor den Füßen des 26-Jährigen. Einen satten Volleyschuss mit seinem schwächeren linken Fuß später hing Weiser dann auch schon in den Armen seines Teamkollegen Aleksandar Dragovic, um sich gebührend feiern zu lassen. Mit seinem Führungstreffer nach nur acht Minuten hatte er soeben den Grundstein für den ungefährdeten 4:0 (2:0)-Derbysieg in der Domstadt geebnet.

Dass Weiser zum Start der Partie überhaupt auf dem Rasen stand, lag am kurzfristigen Ausfall von Lars Bender. Der etatmäßige rechte Verteidiger verspürte beim Aufwärmen muskuläre Probleme im Oberschenkel. Coach Peter Bosz entschied sich vorsichtshalber dafür, den Routinier aus der Startformation zu nehmen und setzte zum ersten Mal in dieser Saison auf Weiser in der Anfangself. „Er hat das super gemacht – nicht nur, weil er das Tor geschossen hat“, lobte der 57-Jährige seinen Schützling im Anschluss. „Er hat erst kurz vor dem Anpfiff erfahren, dass er spielt.“ Doch genau das zeichne die Mannschaft derzeit aus: dass jeder Spieler, der reinkommt, gleich Leistung zeigt.

Für Weiser war der Treffer beim schwachen Konkurrenten aus der Domstadt, für den er 2012 einst sein erstes Bundesliga-Spiel (gegen Leverkusen) absolvierte, gewiss Balsam auf sein zuletzt nicht gerade verwöhntes Ego. Zu Saisonbeginn schaffte es der 2018 von Hertha BSC unters Bayer-Kreuz gewechselte Profi nicht einmal in den Kader der Werkself und wurde auch nicht für die Europa League nominiert. Insgesamt stand er bislang erst 66 Minuten in dieser Saison auf dem Rasen. Jetzt folgte das starke Comeback und das gleich über die komplette Spielzeit.

„Der Fußball schreibt solche Geschichten“, sagte der Torschütze zum 1:0. „Ich habe den Ball ganz gut getroffen und hoffe, ich konnte der Mannschaft damit helfen.“ Er sei „immer bereit“, wenn er gebraucht werde. Zur beeindruckenden Serie der in der Liga weiter ungeschlagenen Werkself, die nach Treffern von Moussa Diaby (10.), Patrik Schick (54.) und Florian Wirtz (59.) bereits nach einer Stunde als sicherer Sieger der einseitigen Partie feststand, sagte er: „Wir haben einen Lauf, aber wir spielen auch gut. Es ist nicht so, dass wir die Spiele irgendwie gewinnen. Wir dominieren sie und nutzen unsere Chancen.“ Darum gehe es schließlich im Fußball: Tore schießen. „Und das machen wir.“

Weisers Teamkollege Amiri, der wie eigentlich alle Profis von Bayer 04 ein rundum gelungenes Spiel zeigte, sprach nach dem Schlusspfiff von einem „sehr guten Gefühl“, das er aktuell mit Blick auf die Werkself habe. „Wenn man lange ungeschlagen ist, in der Tabelle ganz oben steht und dann auch noch das Derby so gewinnt, wie wir es getan haben, hat man natürlich eine breite Brust“, sagte der offensive Mittelfeldspieler. Dem Team, das trotz kräftezehrender Englischer Wochen kaum die Müdigkeit in den Beinen anzumerken war, sei von vornherein klar gewesen, dass es nach dem 0:2 im Vorjahr beim Rivalen gewinnen musste – für die Fans, und für die Tabellenführung.

Lange auskosten können die Bayer-Profis den Sieg jedoch nicht: Am Samstag (18.30 Uhr) sind die Bayern zum letzten Spiel des Jahres zu Gast in Leverkusen.

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