Nationalspieler noch ohne Einsatz Schwierige Zeiten für Jonathan Tah

Leverkusen · Innenverteidiger Jonathan Tah hat seinen Stammplatz in der ersten Elf von Trainer Peter Bosz an Edmond Tapsoba verloren. Die Wechselgerüchte um den 24 Jahre alten Nationalspieler von Bayer Leverkusen häufen sich.

 Bayers Nationalspieler Jonathan Tah hängt sich bei der nach der Sommerpause obligatorischen Leistungsdiagnostik in der Werkstatt der BayArena voll rein.

Bayers Nationalspieler Jonathan Tah hängt sich bei der nach der Sommerpause obligatorischen Leistungsdiagnostik in der Werkstatt der BayArena voll rein.

Foto: Jörg Schüler/Bayer 04 Leverkusen/Jörg Schüler/Bayer 04

Es ist nicht lange her, dass Jonathan Tah unverzichtbar in Bayers Defensive war. Der bullige Innenverteidiger war in der ersten Elf gesetzt, spielte konstant auf hohem Niveau und kochte gegnerische Angreifer reihenweise ab. Viele sahen in ihm den Nachfolger von Jerome Boateng oder Mats Hummels in der Nationalmannschaft – glänzende Aussichten. Doch wie so vieles im Fußball war das nicht von Dauer. Erste tiefere Knicke in seiner Formkurve stellten sich vor knapp zwei Jahren ein. Tah agierte plötzlich nicht mehr souverän am Ball und giftig in den Zweikämpfen, sondern leistete sich Patzer und wirkte bisweilen fahrig.

Als im Januar 2020 Edmond Tapsoba zur Werkself kam, wurde der Konkurrenzdruck höher – und es sieht so aus, als hätte sich der Zugang gegen den Etablierten durchgesetzt. Die bislang gut 180 Minuten Spielzeit in dieser Saison verbrachte Tah jedenfalls auf der Ersatzbank, von wo aus er seinen Positions- sowie Teamkollegen Sven Bender und Tapsoba bei der Arbeit zuschauen konnte. Mit seiner derzeitigen Situation kann der 24-Jährige, dessen Vertrag bei Bayer bis 2023 läuft und dem Vernehmen nach eine Ausstiegsklausel in Höhe von 40 Millionen Euro beinhaltet, nicht einverstanden sein. Schon gar nicht mit Blick auf die Nationalmannschaft sowie die EM 2021.

Im Wintertrainingslager in Spanien gab sich Tah sehr selbstkritisch. Schon damals wurmte es ihn, ab und an auf der Ersatzbank zu sitzen. Das habe ihn „brutal genervt“, sagte Tah. Doch inzwischen ist sein Status der des Edelreservisten. Daran änderte auch seine schonungslose Selbstkritik im Januar nichts. „Ich habe mich gefragt, ob ich in den Spiegel schauen und sagen kann, dass ich immer alles gegeben habe. Das habe ich gemacht – und die Antwort war: Nein, das habe ich nicht“, sagte er und fügte hinzu: „Ich erwarte mehr von mir.“

Bayer Leverkusen: Jonathan Tah
14 Bilder

Das ist Jonathan Tah

14 Bilder
Foto: dpa/Marius Becker

Nicht nur er. Trainer Peter Bosz forderte von dem Nationalspieler, dass er wieder aggressiver in seine Zweikämpfe gehen und mehr Verantwortung auf dem Platz übernehmen müsse, berichtete Tah. Doch das konnte er nur bedingt umsetzen. Insgesamt stagniert seine Entwicklung.

Vor Saisonstart äußerte sich Sportdirektor Simon Rolfes zu der schwierigen Situation des Abwehrspielers. „Ich traue ihm zu, dass er sich steigern kann, einen Schritt nach vorne macht und eine deutlich bessere Rolle spielt – und das erwarte ich auch von ihm.“ Die Qualitäten des 1,95 Meter großen Verteidigers und die Anforderungen an ihn beschreibt der 38-Jährige so: „Er muss seine Schnelligkeit und seine Präsenz in den Zweikämpfen nutzen, um unserem Spiel Stabilität zu geben.“

Keine Frage: Tah wird auch in dieser Saison mit vielen Englischen Wochen auf seine Einsätze kommen. Aber nach 181 Pflichtspielen für Bayer 04 ist er über den Status eines Talents hinaus – und damit steigen die Ansprüche. Sein ärgster Konkurrent Tapsoba ist mit 1,92 Meter ähnlich groß wie Tah, auch sonst hat der 21-Jährige viel mit dem gebürtigen Hamburger gemeinsam. Allerdings präsentierte er sich zuletzt sicherer und präziser im Spielaufbau und wirkte in Zweikämpfen spritziger und wacher als Tah. Das könnten zwei Gründe sein, warum Bosz dem Winterzugang den Vorrang gibt.

Für Tah ist das unbefriedigend. Es ist denkbar, dass er noch vor dem Schließen des Transferfensters am 5. Oktober den Verein verlässt. Womöglich auch auf Leihbasis, denn die Ausstiegsklausel ist hoch angesetzt. Als Interessenten werden immer wieder Klubs aus der Premier League genannt. Einst war es der FC Arsenal, dann vor kurzen der FC Fulham und nun soll der Vorjahres-Fünfte Leicester City vergleichsweise konkret an dem Leverkusener interessiert sein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort