Urlaub für die Werkself Bayer hat 17 Tage für die Frustbewältigung

Berlin/Leverkusen · Am Sonntag verabschiedeten sich Bayer Leverkusens Pokalfinal-Verlierer in den Urlaub. Doch ihre Saison ist noch lange nicht vorbei, die Vorbereitung geht bald weiter. Die Mannschaft hat nur 17 Tage zur Erholung.

 Kevin Volland schreit seine Frustration über den Spielverlauf im DFB-Pokalfinale in den Berliner Abendhimmel.

Kevin Volland schreit seine Frustration über den Spielverlauf im DFB-Pokalfinale in den Berliner Abendhimmel.

Foto: Marvin Ibo GŸngšr/GES/POOL/Marvin Ibo GŸngšr

Eine Szene steht stellvertretend für die Gefühlslage der Werks­elf im DFB-Pokalfinale: Kai Havertz nimmt Anlauf, verwandelt einen Handelfmeter gegen Manuel Neuer wie man es besser kaum machen kann, doch von Freude ist bei dem 21-Jährigen keine Spur. Stattdessen tritt er gefrustet in die Luft und flucht irgendetwas vor sich hin. Er weiß, dass sein Tor nichts mehr ändern wird. Bayern München gewinnt den Pokal, Bayer Leverkusen schleicht mit den Medaillen für Platz zwei als Verlierer vom Rasen.

Einen Tag später an der BayArena ist Leverkusens Leistungsträger wieder besser drauf. Nach der Ankunft des Teams aus Berlin fährt er aus der Tiefgarage und nimmt sich Zeit, aus dem Wagen heraus Selfies mit Fans zu machen. Sie wünschen ihm einen schönen Urlaub, sprechen ihm gut zu, er nickt, lächelt, verabschiedet sich und lässt die Fenster seines Wagens wieder nach oben surren. Bei der Werkself ist jetzt Pause angesagt.

Die muss die Mannschaft nutzen, um den Frust aus dem mit 2:4 verlorenen Pokalfinale zu verarbeiten. „Wunden lecken“ nannte es Sportdirektor Simon Rolfes. Die Enttäuschung über die in Berlin verpasste Chance, endlich wieder einen Titel nach Leverkusen zu holen, sitzt tief. Und sie dürfte sich in der Analyse des Endspiels weiter vertieft haben. Denn Bayern München agierte zwar über 50, 60 Minuten souverän, aber offenbarte auch immer wieder Schwächen. Der Rekordmeister gab viele Räume preis, war nicht mit der letzten Konsequenz im Pressing und geriet in der zweiten Halbzeit unter Druck.

Ob es Dusel war oder fehlende Abgeklärtheit bei der Werkself, dass der Sieg der Mannschaft von Trainer Hansi Flick nie ernsthaft in Gefahr war – darüber lässt sich trefflich diskutieren. Sicher ist, dass es im Finale ein Zeitfenster gab, in dem Bayer den Bayern einige Probleme bereitete. „Die Momente waren da, aber wir haben sie leider verpasst“, beschrieb Kapitän Lars Bender treffend. „Wir hatten die Möglichkeiten, für ein spannendes Spiel zu sorgen.“

Damit meinte der 31-Jährige vermutlich vor allem die Szenen von Kevin Volland, der im Finale eine unglückliche Figur machte. Einmal trat er an einer scharfen Hereingabe von Moussa Diaby vorbei, dann verpasste er eine Flanke des Franzosen knapp, und etwas später gelang es ihm nicht, einen Steilpass so unter Kontrolle zu bringen, dass daraus ein Abschluss werden konnte. Der Torjäger kam erst zur Halbzeit in die Partie, aber ein klassischer Einwechselspieler war er nie. Volland hatte sichtlich Probleme, in das Spiel und zu seinem Rhythmus zu finden. Nicht nur einmal schrie er auf dem Rasen seinen Frust heraus.

Lars Bender war die Enttäuschung im ARD-Interview ebenfalls anzusehen. Vor allem nach dem 1:3 durch seinen Zwillingsbruder Sven keimte bei ihm die Hoffnung auf, dass vielleicht doch noch etwas gehen könnte. „Da war die eine oder andere Szene – wenn wir das besser ausspielen, ein bisschen konsequenter und kaltschnäuziger, dann ist es ein anderes Spiel.“ Das ist zwar fast alles Konjunktiv, aber dennoch richtig. Die Bayern waren an dem Abend durchaus verwundbar, doch der entscheidende Stoß wollte der Werkself nicht gelingen.

Nun stehen 17 Tage Urlaub an, ein bisschen Zeit zum Entspannen, Abschalten, Kraft tanken. Am 23. Juli startet die Vorbereitung auf die Europa League, in der es am 5./6. August mit dem Rückspiel gegen die Glasgow Rangers im Achtelfinale weitergeht. Das Hinspiel bei den Schotten gewann Bayer 3:1. Ab dem Viertelfinale entscheidet wegen der Corona-Sondersituation nur noch ein Spiel über Aus oder Weiterkommen. Die Werkself könnte also mit vier Siegen den Europapokal gewinnen. Zudem sollen alle Spiele des restlichen Turniers in Nordrhein-Westfalen stattfinden (siehe Info-Kasten).

„Natürlich wollen wir in der Europa League was reißen, aber das verlorene Endspiel tut weh, und das müssen wir erstmal verdauen“, sagte Lars Bender und fügte kämpferisch hinzu: „Dann attackieren wir die Europa League. Wir können noch einiges erreichen.“

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