Bayers Routinier Granit Xhaka verrät die Tricks der Werkself

München · Mit neuer Defensiv-Taktik und einer guten Portion Abgezocktheit sichert sich Bayer Leverkusen einen Punkt beim FC Bayern. Granit Xhaka lobt die Mannschaft für ihre Cleverness.

Leverkusens Granit Xhaka (l.) spricht nach dem Gipfeltreffen in München mit Teamkollege Robert Andrich und hält sich dabei aus Angst vor Lippenlesern die Hand vor den Mund.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Nicht immer, aber immer mal wieder heiligt der Zweck die Mittel – so auch beim 1:1 (1:1) der Werkself in München. Angesichts der überragenden Form des wiedererstarkten Seriensiegers in den vorangegangenen Partien verordnete Bayers Trainer Xabi Alonso seinem Team eine ungewohnt destruktiv-defensive Spielweise. Damit wandte sich der 42-Jährige zumindest für diese Partie von der gewohnt offensivfreudigen und auf Ballbesitz beruhenden Spielidee ab. Der Plan ging auf: Bayer trotzte den zuvor von Sieg zu Sieg geeilten Münchnern ein Remis ab. Auch ein Griff in die Psycho-Trickkiste half dabei.

„Die Bayern hatten sehr oft den Ball, aber am Ende ist nicht viel daraus entstanden“, sagte Leverkusens Abwehrchef Jonathan Tah. Abgesehen vom Treffer durch Aleksandar Pavlovic (39.) hatten die Gastgeber in der Tat nur zwei nennenswerte Offensivaktionen: Serge Gnabry traf bei seiner Doppelchance zwei Mal Aluminium (48.) und Michael Olise scheiterte am stark parierenden Bayer-Keeper Lukas Hradecky (57.). Münchens Superstar Harry Kane war hingegen komplett abgemeldet. Zum ersten Mal blieb der englische Torjäger in dieser Saison ohne eigenen Treffer oder Assist.

Dass die Werkself nicht wie üblich ihr Spiel aufziehen konnte, hatte Tah zufolge vor allem mit der Stärke des Gegners zu tun. „Wie sie pressen, ist überragend. Da muss man schauen, dass man sich anpasst“, sagte er. Fehlenden Mut habe er nicht erkennen können. „Aber wir haben dann nicht den Moment gefunden, um das Pressing über unser Dreiecksspiel aufzulösen.“

1:0-Torschütze Robert Andrich war ebenso wie Tah damit zufrieden, nicht denselben Fehler wie andere Gegner des FCB gemacht zu haben und in Konter gelaufen zu sein. „Wenn München in einen Flow kommt, kannst du hier auch mal untergehen. Dem Druck haben wir standgehalten und kein Tempo aufkommen lassen“, sagte der zentrale Mittelfeldmann. Er merkte noch einmal an, dass nach der Double-Saison zwar jeder von Bayer erwarten würde, „dass wir überall hinfahren und unser Tikitaka auspacken und die Gegner brutal bespielen. Aber es geht nicht immer darum, schön zu spielen, sondern auch mal defensiv gut zu stehen und wichtige Punkte zu holen.“

Bayern München – Bayer Leverkusen: die Werkself nach Noten
17 Bilder

Bayern München – Bayer Leverkusen: die Werkself nach Noten

17 Bilder
Foto: AP/Matthias Schrader

Zusätzlich zur defensiven Herangehensweise schöpften die Profis der Werkself jede Möglichkeit aus, auch im vierten Spiel in Serie gegen den Rekordmeister zu punkten. Torwart Lukas Hradecky etwa ließ sich schon ab der Anfangsphase aufreizend viel Zeit bei seinen Abschlägen. Das gehöre dazu und zeuge auch vom Respekt vor den Bayern, betonte der Finne. Erstaunlich offen lobte er seinen Teamkollegen Granit Xhaka für dessen Tricks in der Schlussphase, das Remis ins Ziel zu bringen. „Er ist ein Schlitzohr und legt sich dann auch schon mal hin, um die Netto-Spielzeit zu reduzieren. Das war vielleicht nicht immer fair und nicht schön, aber gehört auf diesem Niveau dazu.“

Der Schweizer Nationalspieler machte ebenfalls keinen Hehl aus dem Leverkusener Zeitspiel. „Wir mussten etwas Rhythmus aus dem Spiel nehmen. Ich sagte zu Rob Andrich, dass einer von uns auf den Boden muss. Er sagte, dass er schon die Gelbe Karte hat, also übernahm ich das“, sagte Xhaka. Er sprach von einem „cleveren und souveränen Auftritt“ der Werkself. Die hat auf ihrem Weg, sich als absolutes Spitzenteam in dieser Liga zu etablieren, gezeigt, dass sie bereit ist, für den Erfolg Kompromisse einzugehen. Insofern ist sie bei ihrem Reifeprozess wieder einen Schritt vorangekommen.