Nach erster Trainingswoche Seoane spürt den Hunger auf Erfolg

Leverkusen · Der Trainer der Werkself ist erfreut über die „positive Unzufriedenheit“ im Kader und lobt die Einstellung der Profis. Der durch viele abwesende Spieler komplizierten Vorbereitung sieht er vergleichsweise gelassen entgegen.

 Gerardo Seoane (r.) erklärt Karim Bellarabi, was er im Training von ihm erwartet.

Gerardo Seoane (r.) erklärt Karim Bellarabi, was er im Training von ihm erwartet.

Foto: Bayer 04

Die Werkself hat in der vergangenen Saison eine bemerkenswerte Berg- und Talfahrt hingelegt. Die Mannschaft war Tabellenführer, stolperte dann allerdings in eine tiefe Krise und fand erst nach dem Trainerwechsel in ruhigeres Fahrwasser. Das hat Spuren hinterlassen, wie Bayers neuer Coach Gerardo Seoane bestätigt. „Ich spüre eine gewisse Unzufriedenheit“, sagt der Schweizer nach den ersten Einheiten bei seinem neuen Arbeitgeber und fügt hinzu: „Es ist aber eine sehr positive Unzufriedenheit.“

Für seinen bisherigen Arbeitsalltag in Leverkusen hat er viele erfreuliche Beschreibungen übrig. Ambitioniert seien die Spieler, ehrgeizig und voller Freude, wenn im Training der Ball im Spiel ist. Dass die vergangene Saison nach einer sehr starken Phase aus den Fugen geraten sei, habe etwas in den Profis ausgelöst. „Ich spüre einen gewissen Hunger“, beschreibt Seoane seine Eindrücke nach der ersten Woche in Leverkusen. Diesen zu schüren und in Erfolgserlebnisse umzuwandeln, ist eine seiner Aufgaben.

Der gnadenlose Terminplan des Weltfußballs macht diese Aufgabe aber nicht unbedingt einfacher. Patrik Schick, Julian Baumgartlinger, Lukas Hradecky und Joel Pohjanpalo sind nach ihren Einsätzen bei der Europameisterschaft im Urlaub, ebenso wie nun auch der Copa-América-Sieger Exequiel Palacios und Charles Aránguiz, der sich mit Chile bereits im Viertelfinale aus der südamerikanischen Kontinentalmeisterschaft verabschiedet hat.

Hinzu kommen Paulinho und Nadiem Amiri, die mit der brasilianischen und deutschen Olympia-Auswahl in Tokio auf Medaillenjagd gehen – und Leon Bailey wird mit Jamaika beim Gold-Cup antreten, in dem Teams aus Nord- und Mittelamerika sowie der Karibik um den Titel kämpfen. Und dann ist da noch Lucas Alario, der nach der Copa jetzt auch die Olympischen Spiele verletzt verpassen wird.

Nimmt man dann noch die anderen verletzten Spieler hinzu, steht Seoane nur ein Rumpfkader zur Verfügung, der mit sieben Spielern aus der U19 aufgestockt ist, um vernünftig trainieren zu können. Den 42-Jährigen Coach ficht das aber nicht an. „Was mich beruhigt ist, dass ich weiß, dass es anderen Kollegen auch so geht. Ich versuche immer, nur das zu beeinflussen, was ich kann und die Spieler, die da sind, bestmöglich auf die Belastungen und die Spielidee vorzubereiten“, sagt er. „Wir wissen, dass sie in den kommenden Wochen eher tröpfchenweise zu uns kommen.“ Das sehe er aber nicht unbedingt nur kritisch: „Die Spieler hatten jetzt praktisch anderthalb Jahre eine sehr hohe Belastung – physisch und mental. Sie brauchen Urlaub und Regeneration. Also bekommen sie die verdienten drei Wochen Pause.“

Im Trainingslager im österreichischen Zell am See/Kaprun, das am Freitag beginnt, wird die Mannschaft weiterhin alles andere als komplett sein. Der Coach muss mit den Spielern arbeiten, die vor Ort sind und alle anderen in den kommenden Wochen Stück für Stück an seine Spielidee heranführen – wie ein Mosaik, das sich nur mit Zeit und Mühe zusammenfügt. „Nicht alles ist jetzt sofort umsetzbar“, sagt Seoane. „Das ist aber ein Thema, das für Trainer inzwischen normal ist. Da wird man automatisch flexibel.“

Die Situation ist für die jungen Leverkusener Talente indes auch eine Chance, sich zu zeigen, zu entwickeln und auf hohem Niveau Erfahrungen zu sammeln. „Das ist die positive Kehrseite der Medaille“, betont Seoane, der angetan ist von der ambitionierten Arbeit der Spieler. Der Treibstoff dafür sei ein Stück weit auch der Misserfolg der vergangenen Saison. In der hatte die Werkself zum zweiten Mal in Serie die Champions-League-Plätze verpasst. „Positive Unzufriedenheit ist der erste Schritt, dass man weiterkommt“, ist der Schweizer Coach überzeugt.

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