Neuer Trainer bei Bayer 04 Das Ding mit Peter Bosz könnte passen

Leverkusen · Der Niederländer Peter Bosz geht mit dem Auftrag in die Rückrunde, die Werkself neu zu erfinden. Das birgt Chancen und Risiken.

 Bayer-Trainer Peter Bosz.

Bayer-Trainer Peter Bosz.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Noch bevor die erste Silvesterrakete gen Himmel stieg, beendete Bayer 04 Leverkusen das Fußballjahr 2018 mit einem Knall. Einen Tag vor Heiligabend und trotz zuletzt aufsteigender Tendenz beschlossen die Bosse, Trainer Heiko Herrlich vor die Tür zu setzen. Die Nachfolge war da längst eingestielt. Peter Bosz übernimmt die Werkself. Der Niederländer wird am Freitag ab 13 Uhr vorgestellt.

Es ist das Ende einer für alle Beteiligten nervenzehrenden Dauerschleife, denn im Grunde stand Herrlich bereits nach dem dritten Spieltag zur Disposition. Mit drei Niederlagen startete Bayer in die Liga. Danach schleppte sich die Mannschaft mehr schlecht als recht durch die Spielzeit. Immer wieder keimte die Trainerfrage auf, immer wieder verteidigte Sportgeschäftsführer Rudi Völler den angeschlagenen Coach. Kurz vor Weihnachten blieb die völlertypische zwischen trotzig und beschwichtigend pendelnde Rückendeckung plötzlich aus, was mehr als 1000 Worte sagte.

Zahlen lügen nicht. Sieben Niederlagen und nur 24 Punkte stehen nach der Hinrunde in der Bilanz. Für die ambitionierten Ziele des Vereins ist das zu wenig. Insofern war die Trennung nachvollziehbar. Die „Stagnation des Teams“ sei nicht zu leugnen, begründete Völler den Schritt. Trotz der zuletzt aufsteigenden Tendenz mit drei Heimsiegen in Folge sowie dem Überwintern in Pokal und Europa League sei der Wechsel notwendig.

Die Personalie Herrlich hatte in den Vorwochen tiefe Verwerfungen im Verein ausgelöst. Hauptgrund für den Rückzug des erst vor der Saison zum Sportdirektor aufgestiegenen Jonas Boldt soll die Trainerfrage gewesen sein. Angeblich wollte der 36-Jährige viel früher handeln, konnte sich intern aber nicht durchsetzen. Da er trotz des neuen Postens kein Entscheidungsträger war, beschloss er, seine persönliche „Entwicklung durch Veränderung“ herbeizuführen.

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Undurchsichtig ist die Rolle von Fernando Carro, der im Sommer das Amt des Geschäftsführers von Michael Schade übernahm und öffentlich bis zu Herrlichs Entlassung keine Silbe zur Trainerfrage äußerte. Er nutzte die Uneinigkeit in der Führungsebene dennoch für einschneidende Personalpolitik. Der mit reichlich Erfahrung aus der freien Wirtschaft ausgestattete Manager gilt als großer Fürsprecher von Simon Rolfes, der Boldts Nachfolge angetreten hat. Auch in der Direktionsebene gab es Veränderungen im Bereich Marketing und Kommunikation.

Der neue Sportdirektor Rolfes will unter Bosz „offensiven, temporeichen und begeisternden Fußball" sehen – und die dem Niederländer zugeschriebene „Passion bei der Arbeit mit jungen Spielern.“ Der 55-Jährige führte mit diesem Stil Ajax Amsterdam 2017 ins Finale der Europa League, wechselte dann zu Borussia Dortmund, wo er fulminant in die Saison startete, ehe er krachend scheiterte und entlassen wurde.

Seine Philosophie steht für Tempo, Gegenpressing und Offensivspektakel im niederlandetypischen 4-3-3-Stil. Der Kader der Werkself scheint gut zu seiner Fußballidee zu passen. Herrlich setzte auf einen kontrollierteren Ansatz, doch ihm wollte die Balance zwischen Defensive und Offensive nur selten gelingen. Die allerdings war auch beim BVB unter Bosz nicht gegeben. Es dürfte eine der spannendsten Fragen der Rückrunde sein, was der Niederländer aus dem hochveranlagten Kader der Werkself herausholen kann. Die Ziele sind klar definiert: Ein Platz im oberen Tabellendrittel soll her. Da sind sich Völler, Rolfes und Carro einig.

Das Risiko ist groß. Das Startprogramm der Hinrunde hat es mit den Heimspielen gegen Mönchengladbach und München in sich. Dazwischen liegt die unangenehme Partie in Wolfsburg. Sollte Bayer nicht überzeugend ins Jahr starten, dürfte schnell die Frage hochkochen, was der Trainerwechsel eigentlich gebracht hat – auch, wenn Bosz freilich mehr Zeit brauchen wird, um seine Vorstellungen umzusetzen.

Sollte er allerdings seine Philosophie weiterentwickelt haben, ist ebenso gut möglich, dass er genau den Zauberfußball zelebrieren lässt, der Fans und Verantwortlichen vorschwebt. So oder so bleibt es spannend unterm Bayer-Kreuz.

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