Fernando Carro im Gespräch „Wir werden keine verrückten Dinge machen“

Interview | Leverkusen · Bayer Leverkusens Geschäftsführer spricht vor dem Pflichtspielauftakt gegen Eintracht Norderstedt über die Wechsel von Kai Havertz und Kevin Volland, die Folgen der Corona-Pandemie für den Klub und weitere mögliche Transfers.

 Fernando Carro ist Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen. FOTO: DPA (ARCHIV)

Fernando Carro ist Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen. FOTO: DPA (ARCHIV)

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Herr Carro, am Wochenende startet für Bayer 04 die Pflichtspielsaison, allerdings läuft der Profi-Fußball weiter im Notbetrieb. Verspüren Sie trotzdem so etwas wie Vorfreude?

Fernando Carro Vorfreude auf jeden Fall, aber es ist schon ein merkwürdiges Gefühl. Die Vorbereitung war extrem kurz, wir stecken mitten in der Transferphase und jetzt geht es auch schon wieder los. Wir müssen die Situation aber so akzeptieren und können nur hoffen, dass die Mannschaft nach zwei Wochen Pause ihre Form schnell findet. Ich gehe davon aus, dass in der Liga generell und bedingt durch die azyklischen Belastungen zuletzt generell noch viel stärker rotiert wird. Jeder Trainer muss sich strategisch genau überlegen, welchen Spieler er wie und wann einsetzt.

Die Werkself hat ihren besten Spieler für insgesamt rund 100 Millionen Euro an den FC Chelsea abgegeben – eine Rekordsumme für einen deutschen Profi. Wann war Ihnen klar, dass Kai Havertz Leverkusen verlässt?

Carro Das Interesse aus London und mehreren anderen Klubs gab es schon länger. Dass er noch vor der neuen Saison wechselt, war mir allerdings erst wenige Tage vor der endgültigen Unterschrift klar. Bis in den Juli gab es gar kein Angebot. Und auch im August waren wir phasenweise noch weit von einer Einigung entfernt. Das war ein Transfer, bei dem es um viele wichtige Details ging. Da muss am Ende alles passen.

Anders als bei Havertz gab es beim Abschied von Kevin Volland nicht nur Worte des Danks. Hätte sich Bayer 04 mehr um den Verbleib des Vize-Kapitäns kümmern müssen?

Carro Wir haben ihm ein sehr faires Angebot gemacht. Das abzulehnen, ist seine Entscheidung gewesen. Er wusste, dass wenn er nicht verlängert, wir ihn verkaufen würden, da wir grundsätzlich keine Spieler ablösefrei gehen lassen möchten. Auch wenn ich es persönlich schade finde: Letztlich ist es ein normaler Vorgang im Fußball. Er wollte mehr Geld verdienen, das konnten und wollten wir nicht machen. Daraus haben er und seine Berater ihre Konsequenzen gezogen.

Wie hart hat die Corona-Krise den Werksklub getroffen?

Carro Dadurch, dass die Spieler mehrere Monate auf Teile des Gehalts verzichtet haben, konnten wir die Kurzarbeit bei den Mitarbeitern des Vereins abwenden und selbst die geringfügig Beschäftigten bezahlen. Das war ein Akt der Solidarität. Die Auswirkungen der Corona-Krise werden wir – wie alle Wettbewerber – in der kommenden Saison dennoch spüren: durch fehlende Zuschauereinnahmen und niedrigere TV-Gelder. Hinzu kommt, dass uns das Geld aus der Champions League fehlt. Dennoch werden wir die Mannschaft auf bestimmten Positionen weiter verstärken. Daran arbeiten Rudi Völler und Simon Rolfes mit Hochdruck.

In Lennart Grill und Patrik Schick sind bislang erst zwei neue Spieler hinzugekommen.

Carro Ohne den Verkauf von Kai Havertz hätten wir auf dem Transfermarkt wenig Spielraum gehabt. Wir sind ein Klub, der regelmäßig auch von Transfererlösen profitiert und das eingenommene Geld möglichst klug reinvestiert. Klar ist, dass wir noch etwas machen wollen. Aber genauso klar ist auch: Nur weil wir Kai Havertz verkauft haben, werden wir keine verrückten Dinge machen.

Wie bewerten Sie die vergangene Saison mit einem 5. Platz in der Liga, dem Vize-Pokalsieg und dem Viertelfinal-Aus in der Europa League?

Carro Der Gewinn der Europa League wäre natürlich in doppelter Hinsicht sensationell gewesen: So hätten wir nicht nur den ersehnten Titel geholt, sondern uns zugleich doch noch für die Königsklasse qualifiziert. Ich wäre glücklicher, wenn wir eines unserer Ziele erreicht hätten, das ist kein Geheimnis.

Am Sonntag ist Norderstedt zu Gast in der BayArena. Was erwarten Sie von der Werkself?

Carro Das muss ein Pflichtsieg sein, schließlich ist die Partie auch zugleich die Generalprobe für das Bundesliga-Auftaktspiel.

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