Neues Jahr, alte Probleme Die Werkself sucht die letzten paar Prozente

Leverkusen · Das 2:2 gegen Union Berlin ist eine Fortsetzung der Schwächen aus der letzten Woche der Hinrunde. Nicht nur bei Gegentoren fehlt bei Bayer 04 Leverkusen die absolute Intensität.

 Berlins Robin Knoche (l.) und Paul Jaeckel (r.) nehmen Leverkusens Kerem Demirbay in die Zange.   Foto: Becker/dpa

Berlins Robin Knoche (l.) und Paul Jaeckel (r.) nehmen Leverkusens Kerem Demirbay in die Zange. Foto: Becker/dpa

Foto: dpa/Marius Becker

Lukas Hradecky atmete vermutlich erstmal kräftig durch, als der Schlusspfiff ertönte. Wenige Sekunden zuvor war noch ein Schuss von Bastian Oczipka an den rechten Pfosten geklatscht – nicht die einzige Chance von Union Berlin in der Schlussphase, aus dem 2:2 doch noch einen Auswärtssieg gegen Bayer zu machen. „Die Art und Weise war am Ende ein bisschen schrecklich“, sagte Bayers Kapitän nach aufwühlenden 93 Minuten in der zuschauerfreien BayArena. Mit dem Remis sei er daher nicht unzufrieden. „Hauptsache, wir haben gepunktet nach der schwierigen letzten Woche der Hinrunde.“

Der 32-Jährige verweist zurecht auf die Spiele in Frankfurt (2:5), gegen Hoffenheim (2:2) und in Freiburg (1:2), die Leverkusen die eigentlich gute Halbserie vor Weihnachten verhagelt haben. Nicht nur diese Partien haben ähnliche Probleme offenbart, die sich nun beim 2:2 gegen Union fortgesetzt haben. Beide Gegentore gegen die Hauptsstädter fielen nach Standardsituationen – zwar nicht direkt, aber indirekt.

Beim 1:1 wenige Minuten nach Patrik Schicks Führungstreffer war es ein unzureichend geklärter Eckball, den Christopher Trimmel aus der Distanz aufs Tor brachte. Hradecky parierte den satten Schuss, war kurz danach auch schon wieder oben, um den versuchten Kopfball-Abstauber von Kevin Behrens abzuwehren, doch dann war da auch noch Grischa Prömel frei am zweiten Pfosten, der den Ball letztlich über die Linie drückte. Beim 1:2 wurde nach einer Freistoß-Flanke von Max Kruse nicht konsequent verteidigt, so dass der Ball über die rechte Seite über Trimmel und erneut Kruse zu Prömel kam, der im Strafraum lauernd nur noch den Fuß hinhalten musste.

Bayer 04 Leverkusen: Noten und Einzelkritik gegen Union Berlin
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Bayer 04 - Union Berlin: die Werkself in der Einzelkritik

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Szenen wie diese waren zuletzt häufiger Thema in Leverkusen. Bei ruhenden Bällen fehlt der letzte Fokus, um auch in den paar Sekunden nach der vermeintlich abgewehrten Ecke oder dem geklärten Freistoß noch voll auf der Höhe des Geschehens zu sein. „Wir müssen da energischer decken“, sagte Hradecky. Das war auch in der schwachen Woche vor Weihnachten immer wieder ein Manko.

„Das hat keine taktischen Gründe“, ist der Torhüter überzeugt. „Wir müssen es lieben, beim Verteidigen auch zu leiden. Da fehlen uns vielleicht noch die letzten paar Prozent.“ Nicht nur vorne sei Konsequenz im Strafraum gefragt, sondern auch hinten. „In der Box müssen wir offensiv, aber auch defensiv tödlicher sein. Meiner Meinung nach fehlen uns der absolute Wille und die letzte Seriosität.“ In eine ähnliche Kerbe schlug Robert Andrich, der gegen seinen ehemaligen Klub solide spielte: „Ich denke, dass wir in einigen Situation einfach nicht gierig genug waren.“ Das bezog der 27-Jährige allerdings vor allem auf die Effizienz der Offensive. Es bleibt nach dem Rückrundenstart der Eindruck, dass bei Bayer auf beiden Seiten des Spielfeldes etwas fehlt. Nicht viel, aber doch genug, um dauerhaften Erfolg zu verhindern.

Doch wo sollen die fehlenden letzten Prozent herkommen? In der Diagnose ist man sich unter dem Bayer-Kreuz schon länger einig. Antworten auf die Frage, wie das Problem zu beheben sei, gibt es nicht. Leidenschaft ist etwas, was sich nur schwierig trainieren lässt, ebenso wie Kaltschnäuzigkeit im Abschluss. „Jeder muss sich selbst da rausgraben“, sagte Hradecky und griff zu einer martialischen Metapher: „Wir brauchen diese Galligkeit, unser Tor mit unserem Leben zu verteidigen.“

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