Bayer Leverkusen Die neue Genügsamkeit

Ingolstadt · Beim Vorletzten FC Ingolstadt rettet der Werksklub ein 1:1 und hat das Horrorszenario eines direkten Abstiegs abgewendet. Rudi Völler gibt sich danach betont optimistisch.

 Rudi Völler in Ingolstadt.

Rudi Völler in Ingolstadt.

Foto: dpa, puc

Kaum hatte Rudi Völler auf der schmucken Tribüne in Ingolstadt neben Klubchef Michael Schade seinen Platz eingenommen, da stand der Leverkusener Sportchef auch schon wieder auf. Gerade acht Minuten hatte der Weltmeister von 1990 zu diesem Zeitpunkt vom Spiel gesehen. Doch da eine Reihe unter der Führungsriege von Bayer 04 auch verletzte Spieler saßen - darunter Kapitän Lars Bender -, sah sich Völler gezwungen, sich in die Stadionkatakomben zurückzuziehen. Aus Selbstschutz. "Ich fluche dann doch manchmal ein bisschen zu extrem. Es ist nicht gut, wenn das alle Spieler hören", sagte der 57-Jährige nach dem 1:1 der Werkself beim FC Ingolstadt.

Als Schiedsrichter Harm Osmers die Partie abpfiff, sah Völler jedoch keinen Grund, sich weiter zu echauffieren. Durch den Punkt beim Vorletzten hat Leverkusen schließlich das Horrorszenario eines direkten Abstiegs endgültig abgewendet. Selbst das Abrutschen auf den Relegationsplatz scheint bei noch zwei verbleibenden Spielen unwahrscheinlich. "Wir haben nach dem Gegentor die richtige Körpersprache gezeigt und fast noch das 2:1 gemacht", sagte Völler. Zwar zeigte sich der in der Kritik stehende Sportchef optimistisch, mit einem Sieg am Samstag im Derby gegen den 1. FC Köln den Klassenerhalt endgültig perfekt zu machen. Doch ein wenig Restzweifel hegt auch er noch. "Ich habe im Fußball schon alles gesehen, alles erlebt. Aber der Punkt kann noch sehr wichtig sein."

Bayer 04 fand nur schwer in die Partie und hatte in den ersten 45 Minuten keine nennenswerte Torraumszene. Die von Maik Walpurgis trainierten "Schanzer" kämpften mit dem Mut der Verzweiflung und waren das bessere Team. Eine Niederlage hätte für die Bayern wohl den Abstieg bedeutet. Erst nach dem Seitenwechsel fanden die Gäste mehr Zugang zum Spiel, hatten durch Fanliebling Stefan Kießling - der die Werkself als Kapitän aufs Feld führte - die erste große Chance des zweiten Abschnitts (52.).

"Jeder, der auf dem Platz war, hat sich den Arsch aufgerissen", sagte der 33-Jährige. Doch beinahe hätte auch das nicht gereicht. Als in der 73. Minute Ingolstadts Sonny Kittel über Umwege einen schwachen Einwurf von Wendell zum 1:0 nutzte, stockte nicht nur den 1000 mitgereisten Bayer-Anhängern der Atem. "Ganz schlecht" habe sich Schade nach dem Führungstreffer der "Schanzer" gefühlt. Im Endeffekt sei er aber "sehr froh" über den Punktgewinn, der "möglicherweise entscheidend sein kann". Damit mag der 64-Jährige womöglich Recht behalten. Doch es zeigt auch, wie genügsam der Verein nach einer desolaten Rückrunde, in der Bayer 04 bisher nur drei Siege holte, inzwischen geworden ist. Hätte vor der Saison ein Remis bei einem Abstiegskandidaten wie Ingolstadt wohl für enttäuschte Gesichter gesorgt, sind die Verantwortlichen in der aktuellen Lage schon für einen Punkt dankbar.

Dass es überhaupt zum Remis kam, lag bezeichnenderweise an jemandem, der am wenigsten Schuld an der aktuellen Krise hat: Kai Havertz. Der 17-Jährige, der in den vergangenen Wochen wegen Abiturprüfungen kaum trainieren konnte, köpfte nach einer Ecke den Ausgleich (78.). Nationalstürmer Kevin Volland verpasste in der Schlussphase, das Spiel komplett zugunsten der Gäste zu drehen (83.).

Für Rudi Völler bot die Partie aber auch so ausreichend emotionale Momente. Er gönnte sich im Anschluss an das Abstiegsduell auf Einladung von FCI-Boss Peter Jackwerth erst einmal einen Schnaps - zur Beruhigung, versteht sich. Schließlich hat Bayer 04 den Klassenerhalt nicht endgültig geschafft.

(sb)
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