Zehn Gegentore in zwei Spielen Bayer Leverkusens Debakelwoche wirft Fragen auf

Dortmund · Zehn Gegentore und zwei herbe Pleiten binnen fünf Tagen zeigen, dass Leverkusen doch noch einiges fehlt.

31. Spieltag: Zahlen und Fakten
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Foto: dpa, soe

Zehn Gegentore und zwei herbe Pleiten binnen fünf Tagen zeigen, dass Bayer 04 Leverkusen doch noch einiges fehlt. Dabei begann die Fußballwoche aus Bayer-Sicht verheißungsvoll.

Für Sven Bender war der Samstagabend eine Tal- und Bergfahrt. Erst zerlegte die wie entfesselt spielende Borussia sein Team, dann feierte die "Gelbe Wand" auf der Südtribüne den ehemaligen Dortmunder ausgiebig. Acht Jahre trug "Manni" das Trikot des BVB, ehe er im Sommer eine neue Herausforderung in Leverkusen suchte. Letztere bot das Topspiel des 31. Spieltags auf jeden Fall: Bayer 04 wurde mit einem 0:4 (0:1) nach Hause geschickt.

"Es ist mir nicht oft passiert, dass ich so klar verliere und mich dann von den Fans feiern lassen kann", sagte der 28-Jährige. "Das zeigt, dass ich in all den Jahren hier viel richtig gemacht habe." Für die vorausgegangenen 90 Minuten galt das allerdings nicht.

Nicht nur der Abwehrchef der Werkself muss sich fragen lassen, warum Dortmund in allen Belangen überlegen war. Der 18-jährige Engländer Jadon Sancho leitete das Debakel mit seinem ersten Bundesligator ein (13.), Marco Reus (55./79.) und Maximilian Philipp (63.) machten es perfekt. Zur bitteren Wahrheit gehört, dass die von Heiko Herrrlich trainierten Leverkusener damit noch gut bedient waren. Marco Reus scheiterte vom Elfmeterpunkt an Bayers Schlussmann Ramazan Özcan (37.), der den leicht angeschlagenen Bernd Leno vertrat.

"Wir haben alles vermissen lassen, was dazu gehört", konstatierte der ratlose Bender. Fußball sei in erster Linie Arbeit. "Das haben wir nicht gezeigt und deswegen geht die Niederlage auch in der Höhe in Ordnung." Es folgte eine angesichts der sportlichen Bedeutung des Duells erstaunliche Erkenntnis. "Wir haben nicht den Willen aufgebracht, dieses Spiel intensiv zu bestreiten", sagte der Innenverteidiger.

Er hatte in der Halbzeit noch versucht, sein Team mit einer Standpauke wachzurütteln - ohne Erfolg. Beim Stand von 0:1 sei noch nichts verloren gewesen, betonte Bender: "Ich habe den Jungs versucht zu sagen, dass wir die schlechte erste Halbzeit abhaken und jetzt Gas geben sollen." Doch der Weckruf verpuffte wirkungslos zwischen den dünnen Wänden der Gästekabine.

Dabei begann die Fußballwoche aus Leverkusener Sicht verheißungsvoll. Nach den hohen Siegen gegen Leipzig und Frankfurt schienen die Weichen Richtung Champions League gestellt. Es folgten binnen fünf Tagen das 2:6 im Pokalhalbfinale gegen München und nun das 0:4 in Dortmund, das vor dem Spieltag punktgleich hinter Bayer auf Rang vier rangierte. Beide Gegner waren mindestens eine Nummer zu groß - sportlich und auch mental. Jetzt muss sich die Mannschaft von Herrlich vor Hoffenheim in Acht nehmen, das als Fünfter bis auf zwei Punkte herangerückt ist.

Entsprechend bedient war Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler, der im Juli zum neu geschaffenen "Geschäftsführer Sport" aufsteigt, damit der bisherige Manager Jonas Boldt Sportdirektor werden kann. Zudem wurde im 53-jährigen Spanier Fernando Carro ein Geschäftsführer aus der freien Wirtschaft verpflichtet, der im Sommer Michael Schade beerbt.

"Das war nicht Bayer Leverkusen. Wir waren zu brav, zu naiv und nur ein dankbarer Sparringspartner", haderte Völler mit der jungen und talentierten, aber eben auch wackeligen Werkself. Fußballerische Qualität alleine sei nicht genug. "Wenn wir es nicht schaffen, die letzten Prozent rauszuholen und jeden Zweikampf gewinnen zu wollen, wird es auch gegen die nächsten Gegner schwierig."

Am Samstag (18.30 Uhr) tritt Bayers ehemaliger Coach Tayfun Korkut mit dem VfB Stuttgart in Leverkusen an. Es folgt das Auswärtsspiel in Bremen und zum Abschluss kommt Hannover. "Wenn wir die letzten drei Spiele gewinnen, können die anderen machen, was sie wollen - und wir sind in der Champions League", betonte Sven Bender mit Blick auf das Restprogramm. Das ist ein großes "Wenn", dem ein "Aber" hinzugefügt werden muss: Der kurz vor der Halbzeit ausgewechselte Jonathan Tah hat sich einen Muskelfaserriss im rechten Hüftbeuger zugezogen und fällt womöglich bis zum Saisonende aus.

Der 22-Jährige gab sich in seiner Nachbetrachtung wortkarg, aber dafür überdeutlich: "Der Frust sitzt tief. Es war ein Scheißspiel."

(RP)
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