Bayer-Coach Gerardo Seoane 100 Tage über den Erwartungen

Meinung | Leverkusen · Seit diesem Samstag ist Bayer Leverkusens Trainer Gerardo Seoane exakt 100 Tage im Amt. Die erste Phase seiner Zeit beim Werksklub hätte kaum positiver laufen können. Doch bei aller Begeisterung ist auch Vorsicht geboten, meint unser Autor.

Dirigent an der Seitenlinie: Bayer Leverkusens Trainer Gerardo Seoane.

Dirigent an der Seitenlinie: Bayer Leverkusens Trainer Gerardo Seoane.

Foto: dpa/Marius Becker

Als Gerardo Seoane die Werkself übernahm, gab es viele offene Fragen: Wie verkraftet die Mannschaft den Abgang der Bender-Zwillinge? Wer soll Topscorer Leon Bailey ersetzen? Kann sich ein in Deutschland weitgehend unbekannter Trainer in der Bundesliga behaupten? Wie wird der Schweizer den Umbruch im Kader managen? Ist das hoch gesteckte Ziel Champions League realistisch?

100 Tage nach Seoanes Amtsantritt ist von etwaigen Unkenrufen nach der holprigen Vorbereitung nichts mehr zu hören. Stattdessen eilt die Werkself mal aufsehenerregend, mal abgeklärt von Sieg zu Sieg. Nur das 3:4 gegen Dortmund trübt die durchweg positive Bilanz. Es ist Bayers bislang einzige Niederlage unter der Regie des 42-Jährigen.

Doch bei aller Begeisterung ist Vorsicht geboten. Furiose Saisonstarts sind nichts Neues unter dem Bayer-Kreuz. Unter Peter Bosz beendete Bayer die Hinrunde der vergangenen Saison auf Platz drei. Wenige Wochen später fiel die Mannschaft regelrecht in sich zusammen und der Niederländer musste gehen. Begeisternde Phasen gab es auch unter Heiko Herrlich oder Roger Schmidt. Letztlich konnte keiner von ihnen den Erfolg nachhaltig konservieren.

Das ändert aber freilich nichts daran, dass Seoanes 100-Tage-Bilanz herausragend ist. Er hat nicht nur wegen seiner Vielsprachigkeit einen guten Draht zur Mannschaft und Bayer in beeindruckendem Tempo seine Spielidee aufgedrückt. Begeisterungsfähiger und schnörkelloser Offensivfußball mit viel Tempo ist ein Teil davon. Ebenso wichtig für das Zustandekommen der jüngsten Erfolge sind neben der gelungenen Transferpolitik indes Qualitäten, die in Leverkusen nicht immer en vogue waren: Zusammenhalt, Einsatzwille, Galligkeit, Präsenz, Wucht – und die von Seoane häufig betonte Solidarität auf sowie neben dem Platz.

Nach der Länderspielpause steht das Topspiel gegen Bayern München an. Mit einem Sieg könnte Leverkusen Tabellenführer werden – und es ist der Mannschaft in ihrer derzeitigen Verfassung ohne weiteres zuzutrauen, dass sie den Rekordmeister ins Wanken bringen kann. Es wäre das erste dicke Ausrufezeichen in einer Saison, die mit vielen Fragezeichen begann.

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