Ehemaliger Schiedsrichter Amerell wehrt sich gegen Vorwürfe

Frankfurt/Main (RPO). "Tief betroffen und schockiert" von den schweren Vorwürfen gegen seine Person hat Manfred Amerell seine Ämter beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) mit sofortiger Wirkung zur Verfügung gestellt. Zugleich wies das bisherige Mitglied im DFB-Schiedsrichterausschuss den Vorwurf erneut entschieden zurück, wonach er einen jungen Bundesliga-Referee belästigt haben soll.

Manfred Amerells Erklärung im Wortlaut
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Foto: ddp

"Wir nehmen den Schritt zur Kenntnis und halten ihn für richtig und notwendig, weil Erkenntnisse vorliegen, die leider die im Raum stehenden Vorwürfe gegen Herrn Amerell bekräftigen. Dies ist das Ergebnis der in den vergangenen Tagen von DFB-Justiziar Dr. Jörg Englisch durchgeführten weiteren Anhörungen", hieß es am Freitagnachmittag in einer offiziellen Erklärung des DFB.

Amerells Anwalt meinte anschließend: "Ich freue mich darüber, weil hier offensichtlich angedeutet wird, dass endlich der DFB aus der Reserve kommt und die Anschuldigungen und konkreten Vorwürfe auf den Tisch legt. Bisher wurde über drei Tage in den öffentlichen Medien mit Anschuldigungen und Spekulationen kolportiert. Auch die Staatsanwaltschaft hat sich zu Wort gemeldet und gesagt, es bestehe nach den öffentlichen Spekulationen nicht einmal ein Anfangsverdacht. Eine Staatsanwaltschaft sieht gar kein Bedürfnis, hier Ermittlungen aufzunehmen", sagte Jürgen Langer im DSF.

Zugleich forderte der Rechtsanwalt den DFB auf, "jetzt Ross und Reiter" zu benennen und zu erklären, "wann konkret hier irgendwelche sexuellen, strafrechtlich, sportrechtlichen Handlungen vorgenommen worden sein sollen". Dann würde man danach die weiteren Maßnahmen ausrichten. "Unabhängig davon prüfen wir natürlich bereits zivilrechtliche Schritte in alle Richtungen, um dieser immensen Rufschädigung von Herrn Amerell und seiner Familie entgegenzuwirken", sagte Langer.

Amerell hatte zuvor über seinen Anwalt mitgeteilt: "Nachdem ich für Glaubwürdigkeit und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Schiedsrichterwesen stehe, will ich mich der Verantwortung stellen und habe mich dazu entschlossen, mit sofortiger Wirkung meine Ämter beim Deutschen Fußball-Bund und beim Süddeutschen Fußball-Verband zur Verfügung zu stellen und habe daher den Verantwortlichen meinen Rücktritt angeboten."

In der zweiseitigen Presseerklärung wies Amerell die Vorwürfe erneut zurück. "Ich habe in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt einen jungen Bundesliga-Schiedsrichter sexuell belästigt. Ebenso wenig habe ich eine andere Person mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Notlage genötigt, sexuelle Handlungen von mir oder eines Dritten an sich zu dulden oder an mir oder einem Dritten vorzunehmen", erklärte der 62-Jährige.

Der DFB erklärte dazu: "Ob die von Herrn Amerell über seinen Anwalt verbreiteten Äußerungen unter diesen Umständen klug waren, möchten wir unkommentiert lassen. Die Ermittlungen auf Verwaltungsebene werden kurzfristig zum Abschluss gebracht. Der Bericht von Dr. Jörg Englisch wird danach umgehend DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach übergeben und dem Präsidium zugänglich gemacht."

Durch den "Fall Amerell" geraten auch die DFB-Verantwortlichen immer mehr unter Druck. Schiedsrichter-Boss Volker Roth war schon am 17. Dezember über die Vorwürfe in Kenntnis gesetzt worden, hatte DFB-Präsident Theo Zwanziger aber erst Mitte Januar darüber informiert.

"Da Termine in Frankfurt nicht machbar waren, kam es zu einer intensiven Telefonkonferenz am 29. Januar. Wir veranlassten danach die Einladung zu einer kurzfristigen Präsidiumssitzung für den 4. Februar und baten Herrn Amerell zu einer Unterredung am 1. Februar", schildert Zwanziger den zeitlichen Ablauf.

Der bislang für das Schiedsrichterwesen im DFB zuständige Vizepräsident Rainer Koch hat den Aufgabenbereich bereits am Mittwoch abgegeben. Koch fühlte sich bei der internen Kommunikation übergangen.

Unterdessen räumte Amerell auch Fehler ein. Es sei sicherlich ein Fehler gewesen, die Freundschaft zu dem betreffenden Schiedsrichter so eng werden zu lassen. Die Beziehung sei jedoch rein privat, persönlich und völlig unabhängig von seinem Amt im Schiedsrichter-Ausschuss gewesen, schrieb Amerell, der seine Funktion am 4. Februar offiziell wegen gesundheitlicher Probleme niedergelegt hatte.

"Ich bin enttäuscht, dass meine Privatangelegenheiten in völlig falschen und diskreditierenden Zusammenhängen an die Öffentlichkeit getragen werden. Öffentlich gemachte Vorverurteilungen, Verdächtigungen und Spekulationen haben ein Ausmaß angenommen, die für meine Familie und für mich nicht mehr erträglich sind", erklärte Amerell weiter.

Zu dem jungen Unparteiischen, der die Vorwürfe gegen Amerell erhoben hat, habe sich aus den zunächst rein sportlichen Kontakten im Laufe der Zeit eine intensive private Freundschaft entwickelt. Dieser Kontakt sei "einvernehmlich" gewesen. Vielmehr würden E-Mails und SMS-Kurzmitteilungen belegen, dass der betreffende Referee aus eigenem Antrieb die Nähe zu Amerell gesucht habe.

(SID/spo)
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