Schiedsrichter-Affäre Amerell-Anwalt erhebt Vorwürfe gegen DFB

Frankfurt/Main (RPO). Der "Fall Manfred Amerell" gewinnt weiter an Schärfe. Der frühere Bundesliga-Schiedsrichter hat über seinen Anwalt Jürgen Langer schwere Vorwürfe gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB) erhoben. Demnach verweigere ihm der DFB die Akteneinsicht.

Manfred Amerells Erklärung im Wortlaut
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Foto: ddp

Zugleich hat Liga-Präsident Reinhard Rauball die Aufklärungsarbeit des DFB scharf kritisiert.

Wie Langer in einer Pressemitteilung bekanntgab, sei er am 15. Februar von DFB-Direktor Stefan Hans und DFB-Justitiar Jörg Englisch angerufen worden. Dabei habe man ihm mitgeteilt, dass nach dem Rücktritt von Amerell am 12. Februar der interne Vorgang beim DFB abgeschlossen sei und eine Gewährung der Akteneinsicht nicht mehr erfolgen werde.

"Wie kann ein Vorgang beim DFB abgeschlossen sein, der dann vom DFB-Präsidenten als 'stark und intensiv' bezeichnet wird", schrieb Langer: "Elementare Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens verlangen die Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gerhör sowie des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Es ist schlichtweg indiskutabel und nicht hinnehmbar, diesen Anspruch durch das 'Zuklappen' der Akte verhindern zu wollen."

"Elementare Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens"

Daraufhin habe Langer das DFB-Sportgericht angerufen, um die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Akteneinsicht überprüfen zu lassen, so Langer weiter. Der DFB wollte den Sachverhalt nicht kommentieren.

Unterdessen hat Rauball den Druck auf die Verantwortlichen beim DFB erhöht. "Wir haben nachdrücklich um Aufklärung gebeten, wer wann wen wie informiert hat", sagte Rauball der "Süddeutschen Zeitung". Die geschilderten zeitlichen Abläufe hätten "Anlass zur Verwunderung" gegeben, der Fall sei "von so hoher Sensibilität, dass ein unverzügliches Handeln erforderlich war".

Schiedsrichter-Boss Volker Roth verteidigte dagegen sein zögerliches Handeln. "Ich bin nach wie vor der Meinung, dass ich richtig gehandelt habe. Ich kann doch in einer derartigen Situation nicht einfach loslaufen, frei nach dem Motto: Haltet den Verbrecher", sagte Roth der Zeitung "Die Welt".

Referee Michael Kempter hatte am 17. Dezember die Vorwürfe gegen den bisherigen Schiedsrichter-Sprecher Amerell an Roth herangetragen. Roth setzte DFB-Präsident Theo Zwanziger erst Mitte Januar davon in Kenntnis.

Rückendeckung bekam Roth von DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach. "In diesem Fall steht die Sorgfalt absolut über der Schnelligkeit. Ich betone deutlich: Wir sind allen Beteiligten gegenüber verpflichtet, sie größtmöglich zu schützen. Ich wäre hier vorsichtig mit jeder Kritik", erklärte Niersbach.

Rauball hatte das DFB-Schiedsrichterwesen zuletzt als "Geheim-Orden" bezeichnet und eine "personelle Neuordnung" gefordert. Die wird es spätestens im Oktober geben, wenn der frühere Bundesliga- und FIFA-Unparteiische Herbert Fandel beim DFB-Bundestag Roth beerben soll.

Doch auch Zwanziger ist in Erklärungsnot geraten. Laut Rauball seien bei der DFB-Präsidiumssitzung am 4. Februar die Anwesenden nur zum Fall Amerell und eines nicht genannten Schiedsrichters informiert worden. Dass möglicherweise mehrere Unparteiische Amerell belasten, habe Rauball erst später erfahren.

Fragen wirft ebenso die Tatsache auf, warum eine vermeintliche SMS von Kempter an Amerell nicht in der Präsidiumssitzung erwähnt wurde. Diese SMS, die eine "einvernehmliche Beziehung" belegen soll, soll Amerell am 13. Januar - also einen Monat nach Kempters Anklage bei Roth - erhalten haben. Gezeigt haben soll Amerell, der von seinen Ämtern zurückgetreten ist, aber die Vorwürfe nach wie vor bestreitet, diese SMS am 1. Februar drei Tage vor der Präsidiumssitzung Zwanziger, Niersbach und Personalchef Stefan Hans.

Da sich DFB-Vize-Präsident Rainer Koch beim Informationsfluss übergangen fühlt, hatte er in der vergangenen Woche seine Zuständigkeit im Präsidium für das Schiedsrichterwesen abgegeben. Unterdessen hat Englisch die internen Ermittlungen abgeschlossen. Ob Amerell auch ein juristisches Nachspiel droht, ist noch offen. "Das ist nicht ausgeschlossen", sagte Zwanziger der Bild-Zeitung.

(SID/spo)
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