Sturmtief Eberhard sorgt für Chaos im Amateurfußball „Unbegreiflich, dass wir bei den Bedingungen gespielt haben“

Düsseldorf · Sturmtief Eberhard hat am Wochenende für Chaos und schwere Schäden in NRW gesorgt. Bei Böen bis Windstärke 12 gab der deutsche Wetterdienst die zweithöchste Warnstufe heraus. Auf vielen Fußballplätzen am Niederrhein wurde dennoch gespielt.

 Umgestürzte Bäume beim A-Kreisligisten Rot Weiß Lintorf.

Umgestürzte Bäume beim A-Kreisligisten Rot Weiß Lintorf.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Ein toter Autofahrer im Hochsauerlandkreis, ein komplett eingestellter Fern- und Nahverkehr der Deutschen Bahn, immense Beeinträchtigungen auf den Autobahnen und unzählige Schäden an Häusern und Bäumen: Die Bilanz von Sturmtief Eberhard, das am Wochenende über NRW wütete, ist verheerend.

Bei Böen bis Windstärke zwölf sprach der deutsche Wetterdienst am Sonntag auch für den niederrheinischen Bereich die zweithöchste Warnstufe aus und riet den Menschen, sich am besten in den Häusern aufzuhalten. Daran hielten sich viele. Im Fußballverband Niederrhein (FVN) und den angeschlossenen Amateurvereinen fühlte man sich augenscheinlich nicht angesprochen.

Kaum ein Spiel im Gebiet Niederrhein wurde im Vorfeld aufgrund der Witterungsverhältnisse abgesagt. Und wenn doch, dann eher wegen der Regenfälle, der die Plätze unbespielbar machten. Den starken Wind hatten die meisten Verantwortlichen wohl unterschätzt. Und so boten sich auf den Fußballplätzen der Region teils kuriose Bilder: Fast-Eigentore, Slapstick-Einlagen statt Pass-Stafetten und Mannschaften, die eine Halbzeit das Ergebnis verwalteten, um nach der Pause mit Rückenwind agieren zu können. Die Folge: Unzählige Spiele, von der Ober- bis in die Kreisliga, wurden nach nur wenigen Minuten vom jeweiligen Schiedsrichter wieder abgebrochen. „Es gibt noch keine genaue Auswertung, aber es sind wohl so 50 bis 60 Prozent der Spiele um 15 Uhr ausgefallen oder abgebrochen worden“, erzählte Wolfgang Jades, Vorsitzender des Fußballausschusses auf Anfrage unserer Redaktion.

Diese Entscheidungen trafen bei allen Verantwortlichen auf Zustimmung: „Unter diesen Bedingungen war kein normales Fußballspiel möglich“, meinte Ralf Dietrich, Trainer von Bezirksligist SC Reusrath. Die Partie gegen Radevomwald wurde nach nur drei Minuten wieder abgebrochen. Auch die Kreisligisten FC Grevenbroich-Süd und TuS Hackenbroich betraten ihre Heimspielstätten, nur um nach 20 Minuten wieder zurück in die Kabinen zu gehen.

In Lintorf waren Bäume auf die Tribüne von Kreisligist Rot-Weiß gestürzt. Die Partie gegen den SV Oberbilk 09 wurde daher gar nicht erst angepfiffen. Bei Fortuna Dilkrath mussten erst mehrere Bäume während des Aufwärmens direkt neben dem Platz entwurzeln, ehe die Entscheidung zur Spielabsage getroffen wurde.

Und dennoch: Trotz widriger Bedingungen und eindeutiger Verletzungsgefahr durch Bäume oder Dachziegel, wurden einige Spiele am Sonntag über die komplette Distanz ausgetragen. So auch das 0:0 der beiden Oberligisten SF Baumberg und Ratingen 04. „Das war lächerlich. Ich hab das ganze Spiel über den Ball nur durch die Gegend fliegen sehen, mit Fußball hatte das nichts zu tun“, meinte Georg Mewes, Ratingens sportlicher Leiter. Mewes wurde auf dem Rückweg aus Baumberg selber noch Opfer des Sturms, als ihm während der Fahrt ein Ast auf die Windschutzscheibe wehte. Der Ratinger blieb unverletzt. „Es ist unbegreiflich, dass wir überhaupt gespielt haben. Der Spieltag hätte im Vorfeld vom Verband komplett abgesagt werden müssen“, meinte Mewes.

Der Verband hält dagegen. Es gab Überlegungen eine komplette Absage des Spieltags durchzuführen, doch die Wetterlage war für Wolfgang Jades nicht eindeutig genug: „Eine Absage am Sonntag hätte keinen Sinn mehr gemacht, weil die meisten Teams eh schon auf dem Weg zu ihren Spielen waren. Wären die Wetterberichte am Freitag oder Samstag eindeutiger gewesen, hätte man über eine Absage des Spieltags nachdenken können, aber so war kein Anlass geboten.“

Stattdessen setzte der Verband auf das Fingerspitzengefühl der Vereine und Schiedsrichter, die in diesem Fall das letzte Wort hatten. So sollte jede Partie als Einzelfall bewertet werden. „Die Schiedsrichter haben verantwortlich gehandelt und die Spiele nur durchgeführt, wenn keine Gefahr bestand“, lobte Jades die Unparteiischen. Bei anderen Wetterlagen, wie starkem Regen oder Eis und Schnee, seien vorherige Absagen übrigens leichter möglich, erklärte Jades: „Man muss sich schon zu 100 Prozent sicher sein, dass die Absage eines gesamten Spieltags Sinn macht. Das ist bei Wind schwieriger.“

(seka)
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