Nach den Bestechungs-Vorwürfen Afrika verbittert - Forderungen nach Neuwahl und Polize

Nairobi (dpa). FIFA-Präsident Joseph Blatter hatte seinen afrikanischen Freunden mehrfach zu verstehen gegeben, dass nun endlich Afrika zum ersten Mal mit der Ausrichtung einer Fußball-WM dran sei. Deshalb hat auch einen Tag nach dem Zuschlag für Deutschland die Verbitterung über die knappe FIFA-Entscheidung auf dem Schwarzen Kontinent nicht nachgelassen. Zola Zinwar, Teamchef der südafrikanischen Nationalmannschaft, forderte sogar die Wiederholung der Wahl und eine polizeiliche Untersuchung der Ereignisse in Zürich.

In den südafrikanischen Medien spielte am Freitag Charles Dempsey die unrühmliche Hauptrolle. Fast jeder Südafrikaner müsste nun das Passbild des Neuseeländers kennen. Dempsey hatte mit seiner überraschenden Stimmenthaltung den deutschen Sieg möglich gemacht, obwohl er absprachegemäß für Südafrika hätte stimmen müssen. "Er hat uns betrogen", meinten zornige Fans in Johannesburg. Südafrikas Zeitungen und Rundfunk verlangten eine Untersuchung, was hinter dem Verhalten Dempseys (79) stecke. Von "Stimmenkauf, Bestechung und enormem Druck" war die Rede.

Die Millionen Südafrikaner, die sich am Donnerstag optimistisch auf die Plätze und in die Stadien gemacht hatten, erhofften sich vom WM-Zuschlag auch mehr materiellen Wohlstand. Dank der Milliarden- Investitionen hätten wahrscheinlich über hunderttausend verarmte Arbeitslose einen neuen Job gefunden. Dieser Traum wurde binnen Sekunden zerstört, nach der WM-Vergabe rutschte die südafrikanische Währung Rand gegenüber dem US-Dollar ab.

Doch der Zorn ist nicht nur in Südafrika zu spüren. Viele afrikanische Staaten sehen sich erneut international an den Rand gedrängt. Der ehemalige Vorsitzende des kenianischen Fußballverbandes Sam Nyameya sagte: "Da ist viel Diskriminierung im Spiel. Ich bin mir sicher, dass die Europäer Blatter zu unserem Nachteil vorführen wollten." Die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien stelle mit England, Schottland, Wales und Nordirland vier entscheidende FIFA- Stimmen, Afrika mit über 40 Fußball-Verbänden werde aber nur durch einen Block von fünf Delegationen vertreten.

Dabei seien die Afrikaner mit ihrem Spielwitz schon lange ein bestimmender Faktor auf dem grünen Rasen, meinte die unabhängige Tageszeitung "Daily Nation" in Nairobi. Ohne aus Afrika stammende Spieler wäre Frankreich nie Weltmeister 1998 und Europameister 2000 geworden. Afrikanische Kicker seien in Europas Top-Ligen nicht wegzudenken. Nachdem nun Europa zum zehnten Mal eine WM ausrichten dürfe und Afrika erneut leer ausging, gebe es für die Teams aus Südafrika, Ghana oder Nigeria nur eine Antwort. Den sportlichen Gewinn des Weltmeistertitels 2006.

(RPO Archiv)
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