Lage beim "Club" ist explosiv Ultras stoppen Mannschaftsbus auf der Autobahn

Nürnberg · Nach nur einem Spiel droht die Welt bei Zweitligist 1. FC Nürnberg schon aus den Fugen zu geraten. Die Lage vor dem ersten Heimspiel am Freitag ist explosiv.

Die Nürnberger Ultras hatten Redebedarf. (Archivbild)

Die Nürnberger Ultras hatten Redebedarf. (Archivbild)

Foto: dpa, Revierfoto

Es gibt offensichtlich nichts, was es nicht gibt, zumindest nicht beim 1. FC Nürnberg. Nach dem 3:6 am Montagabend beim SC Freiburg musste der Mannschaftsbus des "Club" auf der Rückfahrt auf einer Raststätte an der A5 halten: Sportvorstand Martin Bader hatte den Stopp auf Drängen einer einflussreichen Ultragruppierung angeordnet. Gut 250 Personen umringten nach Augenzeugenberichten den Bus, erst nach gut 40 Minuten ging die Fahrt des Fußball-Zweitligisten weiter.

Kapitän Jan Polak, Guido Burgstaller und Thorsten Kirschbaum waren zum Rapport aus dem Bus gestiegen - und sie dürften dem Anhang versprochen haben, dass am Freitag im ersten Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim (18.30 Uhr/Live-Ticker) alles besser wird. Muss es auch. Ohne einen Sieg, so viel scheint klar, wird die seit Jahren nur selten heile Welt in Nürnberg aus den Fugen geraten. Die Anhänger sind aufgebracht, das Umfeld nervös, die Verantwortlichen sind zerstritten.

"Wie lässt sich die Saison noch retten?", fragte nach dem "kleinen Fußball-Albtraum" (Trainer Rene Weiler) von Freiburg die Nürnberger Zeitung, die Nürnberger Nachrichten antworteten daraufhin: "Ist es zu früh für solche Fragen? Oder doch: sogar zu spät?" Und stellten einstweilen fest: "Auf dem Platz steht derweil eine Mannschaft, der das Profil fehlt, sie wirkt wie das Spiegelbild eines Vereins, der mit dem Abstieg aus der Bundesliga erst schleichend, dann rasant an Kontur verlor."

Tatsache ist wohl: Die handelnden Personen wie Bader, der technische Leiter Wolfgang Wolf, Trainer Weiler, Chefscout Christian Möckel und der intern gespaltene Aufsichtsrat liegen eher über Kreuz denn auf einer Wellenlänge. Tatsache ist auf jeden Fall: Unter Bader, der einzigen Konstanten im Klub, geht es seit Jahren sportlich und finanziell stetig bergab. Genau genommen, seit Dieter Hecking an Weihnachten 2012 von heute auf morgen zum VfL Wolfsburg wechselte.

Seit dem Abstieg vor einem Jahr häufen sich Transfers, die fragwürdig erscheinen. Vor dieser Saison etwa wurde die Ikone Javier Pinola gegen den Willen von Weiler ausgemustert, auch die Rechtsverteidiger Tobias Pachonik (ausgeliehen) und Ondrej Celustka (verkauft) sind weg. Ein neuer Rechtsverteidiger? Keiner da. Auf der Position spielte in Freiburg Kevin Möhwald, ursprünglich geholt für das ohnehin überfüllte Mittelfeld. Am Donnerstag wurde immerhin nachgebessert: Vom 1. FC Köln kommt dessen Kapitän Miso Brecko. Ein Rechtsverteidiger.

Die Mannschaft ist die größte, aber nicht die einzige Baustelle in einem Verein, dessen nach wie vor starker Mann (Bader) zunehmend wegen seiner Nähe zu den höchst umstrittenen Ultras in der Kritik steht. In der Tat gleicht der "Club" wieder mal einem Pulverfass, das beim nächsten Funkenflug in die Luft gehen kann. Der kicker konstatiert: "Die Risse, die sich quer durch den Traditionsverein und seine Anhängerschar ziehen, können sich schnell zu unüberwindbaren Gräben entwickeln."

(sid)
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