„Entschuldige mich nicht“ Baumgart will Euro-Märchen der Kölner gegen Fehérvár verlängern

Nach dem 1:2 im Hinspiel zu Hause droht der 1. FC Köln die Gruppenphase der Conference League zu verpassen. Da das Team eher übermotiviert ist, versuchen Trainer Baumgart und Geschäftsführer Keller, den Druck von den Profis zu nehmen.

Will den Auswärtssieg: Kölns Trainer Steffen Baumgart.

Will den Auswärtssieg: Kölns Trainer Steffen Baumgart.

Foto: dpa/Marton Monus

Die Pressekonferenz in Szekesfehérvár war für 18.15 Uhr angesetzt, doch Steffen Baumgart ließ seine Mannschaft im Trainingsspiel auf engem Feld weiter Tore schießen und Selbstvertrauen tanken. Kurz darauf saß er dann doch auf dem Podium. Und als sich die Klubsprecherin für die Verspätung entschuldigte, entgegnete der Trainer des 1. FC Köln in der ihm eigenen Art: „Ich entschuldige mich nicht. Training ist wichtiger. Und ich hoffe, dass das alle verstehen.“

Vor dem Playoff-Rückspiel zur Conference League am Donnerstag beim Fehérvár FC (19 Uhr/RTL+) will Baumgart nichts dem Zufall überlassen. Denn das Euro-Märchen soll nicht enden, bevor es richtig begonnen hat. Und Ausreden gibt es im Vorfeld keine. „Der Platz ist sehr gut. Die Gastfreundschaft auch, das Hotel ist in Ordnung, der Flug war in Ordnung“, sagte Baumgart: „Alles in allem ist das ein sehr, sehr guter Rahmen, um ein gutes Spiel zu sehen.“

Mit einer Mischung aus Wut, Trotz und Entschlossenheit kamen seine Profis am Mittwochmittag pünktlich um 12.20 Uhr in Budapest an. Sie brauchen kein Wunder im Rückspiel, aber schon einen guten Tag und einen Lerneffekt zur Vorwoche, soll die kleine Hürde Playoffs nicht endgültig zum Stolperstein auf dem Weg in die Gruppenphase werden. „Dass es nicht leichter geworden ist, ist klar“, sagte Baumgart mit Blick auf die 1:2-Heimniederlage im Hinspiel: „Wir liegen in Rückstand. Aber wir sind überzeugt, dass wir in der Lage sind, das Ergebnis zu drehen.“

Ein Aus gegen das Team des deutschen Trainers Michael Boris könnte die Euphorie im FC-Umfeld mit einem Mal auslöschen. Für die erst zweite Europacup-Saison in den letzten 30 Jahren wurden extra Trikots kreiert, Rapper Mo-Torres hat einen Song namens „Effzeh International“ geschrieben, der Verein stellt die Saison unter das Motto „Mer fiere dä FC - en Kölle & Europa“ („Wir feiern den FC - in Köln & Europa“). Gewinnen die Kölner am Donnerstag nicht mit mindestens zwei Toren Unterschied oder im Elfmeterschießen, ist die Reise durch Europa nach drei Bundesliga-Spieltagen abrupt beendet und die Kölner sind in der Gruppenphase nur wehmütige Zuschauer.

Das Selbstvertrauen ist aber groß. Trotz der Niederlage deuteten die meisten das Hinspiel nach 70-minütiger Unterzahl eher als Beleg der Überlegenheit. Darum, dass seine Spieler motiviert sind, muss sich Baumgart nicht sorgen. Eher darum, dass sie nicht übermotiviert sind. „Wut im Bauch finde ich schwierig“, sagte der Coach: „Wir müssen kühlen Kopf bewahren. Aber wir sind gut vorbereitet und ich möchte meine Mannschaft marschieren sehen.“

Doch die Wut über das ihrer Ansicht nach ungerechte Ergebnis schwingt mit. „Wir haben da noch eine Rechnung offen, und ich glaube, das setzt Kräfte frei“, sagte Timo Hübers. Luca Kilian, Hübers' Nebenmann in der Innenverteidigung, hatte schon nach dem Hinspiel getönt: „Ich bin ein bisschen wütend, dass man mit so einer Leistung belohnt wird. Wir werden versuchen, denen im Rückspiel den Arsch aufzureißen!“

Doch im Endeffekt zahlte der FC einfach nur Lehrgeld. Und nachdem die erste Partie wohl schon ein wenig emotional überladen war, versucht Geschäftsführer Christian Keller bewusst, Druck vom Team zu nehmen. „Wir müssen gar nichts“, sagte er auf die Frage, ob der finanziell angeschlagene und schon im DFB-Pokal gescheiterte 1. FC alleine schon wegen der Mehreinnahmen von rund zehn Millionen Euro weiterkommen müsse. Die wichtigste Lehre aus dem Hinspiel sei, „die Erwartungshaltung in einem vernünftigen Maß zu halten“, sagt Keller.

(Szekesfehérvár/dpa)
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