Randale auf den Rängen Köln verurteilt „abscheuliche Geschehnisse“ von Nizza

Nizza · Es hätte ein Fußball-Fest werden sollen, doch dann kommt alles anders. Nach den Ausschreitungen vor dem Spiel Nizza gegen Köln wäre fast kein Fußball mehr gespielt worden. Das Spiel findet statt, es ist sogar ansehnlich. Doch darüber spricht kaum jemand.

 Fans laufen mit Pyrotechnik über eine Tribüne in Nizza.

Fans laufen mit Pyrotechnik über eine Tribüne in Nizza.

Foto: dpa

Christian Keller redete nicht drumherum. „Das geht mir richtig auf den Sack“, sagte der Geschäftsführer des 1. FC Köln am Donnerstag nach dem 1:1 beim OGC Nizza in der Conference League. Der Eindruck der Bilder der Ausschreitungen überlagerte auch kurz vor Mitternacht an der Cote d'Azur alles, auch wenn das Fußball-Spiel trotzdem stattgefunden und der FC sich einen Achtungserfolg erkämpft hatte.

Keller stellte klar, dass der Verein „mit aller Härte und Entschlossenheit“ versuchen werde, die Beteiligten an den Krawallen zu ermitteln. „Ich weiß nicht, ob das 50, 60 oder 70 waren. Es waren auf jeden Fall sehr, sehr wenige“, sagte er. „Aber wir werden alles probieren, um möglichst viele rauszuziehen. Und die schließen wir dann aus, die werden nix mehr machen.“ Die Konsequenzen für den Verein seien „noch nicht abzusehen. Ich will auch nicht spekulieren. Da gibt es sicher eine große Bandbreite.“

Präsident Werner Wolf sagte: „Wir verurteilen die abscheulichen Geschehnisse, die sich im Vorfeld des gestrigen Spiels in Nizza auf beiden Seiten ereignet haben, auf das Schärfste.“ Die Vorfälle seien umso bedauerlicher, weil dadurch ein tolles Fanfest von rund 8000 Kölner Fans an Wirkung und Wert verloren habe.

Auch Frankreichs Meister Paris Saint-Germain verurteilte die Ausschreitungen, bei der PSG-Ultras mitgemischt haben sollen, auf das Schärfste. Seit mehr als einem Jahrzehnt sei Paris Saint-Germain einer der engagiertesten Vereine, um die Gewalt in den Fußballstadien auszumerzen, teilte PSG am Freitag in Paris mit. Anhänger aus Paris, zu denen FC-Ultras eine Fanfreundschaft pflegen, sollen sich als Kölner verkleidet an den Auseinandersetzungen beteiligt haben.

„Der Verein möchte klarstellen, dass die Gruppe Supras Auteuil durch ein Dekret vom 29. April 2010 aufgelöst wurde, nicht als Fangruppe von Paris Saint-Germain anerkannt wird und keinen Zutritt zum Parc des Princes hat“, erklärte PSG. „Der Verein erinnert daran, dass er nur die Fanorganisationen anerkennt, die das Abkommen über die Rechte und Pflichten der Fans unterzeichnet haben und mit denen er sich das ganze Jahr über austauscht, um optimale Sicherheitsbedingungen in seinem Stadion und bei den Reisen der ersten Mannschaft zu gewährleisten.“ Der Verein prüfe, welche Maßnahmen er ergreifen kann, wenn sein Ruf durch die Ultra-Gruppierung geschädigt wird.

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Foto: AP/Emrah Gurel

Insgesamt, so der Stand am späten Abend, wurden 32 Personen verletzt. Vier mussten im Krankenhaus behandelt werden, einer im kritischen Zustand: Der Mann war aus dem zweiten Rang gestürzt. „Da fehlen einem fast die Worte“, sagte Co-Trainer André Pawlak.

Von ihren Profis hatten die FC-Verantwortlichen die Bilder der Geschehnisse fern gehalten. Die Nachrichten, die durchsickerten, waren belastend genug. Und dann leistete die Mannschaft vor dem um 55 Minuten verspäteten Anpfiff einen Schwur. „Wir haben der Mannschaft gesagt: Denkt an die friedlichen 7900 Jungs und versucht, alles so gut wie möglich für sie auszublenden“, sagte Pawlak, der seinen gesperrt auf der Tribüne sitzenden Chef Steffen Baumgart am Spielfeldrand vertrat.

Stürmer Steffen Tigges, der beim 1:1 in der 19. Minute die Kölner Führung erzielt hatte, hatte sich mit den Bildern vom friedlichen Fanmarsch am Mittag durch die Stadt motiviert. „Diese Bilder bleiben“, sagte der Ex-Dortmunder: „Die haben uns gepuscht. Denn dass die paar Chaoten für den Verein stehen, stimmt nicht. Die Fans, die richtig Stimmung gemacht haben, die stehen für den Verein.“

Der wie in den Wochen zuvor häufig überragende Torhüter Marvin Schwäbe sah es ähnlich. „Einerseits ist das, was da passiert ist, nicht wert, dass man drüber redet, denn das gehört nicht in den Fußball“, sagte er und fügte an: „Andererseits muss man sich auch klar von sowas distanzieren und sagen, dass diese Leute im Stadion nix zu suchen haben.“ Und Schwäbe weiter: „Hier waren 8500 Fans, und die Mehrheit hat eine klare Birne.“

(dpa/old)
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