Baumgart entfacht Euphorie Kölns Trainer reißt alle mit

Düsseldorf · Mit dem Abstieg will man in Köln in dieser Saison nichts zu tun haben. Die Hoffnungen ruhen dabei auf Trainer Steffen Baumgart. Innerhalb weniger Wochen hat der 49-Jährige mit seiner Art eine neue Euphorie entfacht. Die Spieler glauben an den eingeschlagenen Weg.

 Steffen Baumgart.

Steffen Baumgart.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Unter Strom und mit jeder Menge Emotionen – so kennt man Steffen Baumgart. Der neue Trainer des 1. FC Köln geht an der Seitenlinie voll mit, gestikuliert, schreit und verfolgt eine Partie meist angespannt in der Hockstellung. Mit seiner Power und Intensität auf und neben dem Platz kommt der gebürtige Rostocker gut an in der Domstadt. Seit der 49-Jährige beim Fast-Absteiger der vergangenen Saison übernommen hat, hat sich in Köln eine Aufbruchstimmung breit gemacht.

Man könnte fast meinen, dass sich die Stadt, die Fans und Spieler nach genau einem solch emotionalem Leader gesehnt haben. Baumgart reißt mit seiner Art mit, ist ein großer Motivator. „Er bringt Energie in die Mannschaft, das hat uns vielleicht gefehlt“, sagte Torwart Timo Horn nach dem 3:1-Auftaktsieg gegen Hertha. Balsam für die FC-Seele, die in der vergangenen Saison arg strapaziert wurde. Erst am 34. Spieltag retteten sich die Kölner durch einen 1:0-Sieg gegen den FC Schalke in die Relegation, in der man sich gegen Holstein Kiel durchsetzte.

Bundesliga: Die Trainer des 1. FC Köln seit 2005/06
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Foto: dpa/Matthias Balk

In dieser Spielzeit will man in Köln möglichst wenig mit dem Abstieg zu tun haben. Und die Hoffnungen ruhen dabei eben vor allem auf einem: Baumgart. Eine seiner Stärken ist, dass er Spieler besser machen kann. Nach den schmerzhaften Abgängen von Leistungsträgern wie Sebastiaan Bornauw, der für 13,5 Millionen Euro zum VfL Wolfsburg ging, war dies auch mit ein Grund, warum man sich für den gebürtigen Rostocker entschied. Viel Geld für teure Neuverpflichtungen steht beim FC nämlich nicht zur Verfügung.

Und der Hoffnungsträger liefert. Bereits in der Frühphase der Saison ist Baumgarts Handschrift deutlich zu erkennen. Der FC-Trainer lässt intensiven Stress-Fußball praktizieren, der nach vorn gespielt wird – und das alles immer mit hundertprozentigem Einsatz und hoher Laufbereitschaft. „Er lebt vor, dass wir dran glauben sollen, dass wir alles erreichen können, was wir wollen“, sagte Rafael Czichos. Schon in den ersten Spielen habe man gemerkt, „dass, was er erzählt, auch funktioniert. Das gibt der Mannschaft Mut.“

Baumgart, der von sich selbst sagt, dass er „sehr laut und fordernd“ sei, hat seine Ansprüche an seine Spieler klar formuliert: „Vollgas. Mein Anspruch ist, dass du immer Vollgas gibst – Ergebnisunabhängig“. In Rekordzeit hat er mit seiner vorgelebten Leidenschaft dem zuletzt verunsicherten Team so neues Selbstvertrauen eingeimpft. Und dieser Glauben an die eigene Stärke ist bei jedem FC-Profi zu spüren. Selbst Torjäger Anthony Modeste, seit rund zwei Jahren im Dauertief, trifft plötzlich wieder.

Der Saisonstart ist gelungen. In der ersten Runde des DFB-Pokals setzten sich die Kölner gegen Regionalligist Carl Zeiss Jena im Elfmeterschießen durch. In der Bundesliga folgte auf den Heimsieg gegen Hertha ein 2:3 beim FC Bayern. In allen Partien musste die Baumgart-Elf einem Rückstand hinterherlaufen, doch anders als in der Vergangenheit verlor man nicht den Faden, blieb stabil und ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. Ein Umstand, dem selbst der Gegner Respekt zollte: „Schon cool zu sehen, was da an der Seitenlinie abgeht: Wie er seine Jungs pusht, sie nach dem 3:2 immer nach vorne treibt. Die haben nicht nur gekämpft und geackert, sondern auch nach vorne gespielt. Das hat mir imponiert. Solche Typen tun der Bundesliga gut. Ich feiere so was ab“, sagte Bayerns Joshua Kimmich. Am 3. Spieltag setzten die Kölner gegen Aufsteiger VfL Bochum (2:1) ihren gelungenen Start fort.

Doch Baumgart treibt nicht nur seine Spieler stetig an. Neben der taktischen Neuausrichtung der Mannschaft, die in den ersten drei Spielen nach Frankfurt (355,99 Kilometer) und dem FC Bayern (355,36 km) die drittmeisten Kilometer aller 18 Bundesligisten abspulte (353,49 km), setzt sich der Ex-Paderborner auch selbst unter Druck. So sprach er davon, mit Köln nicht nur gegen den Abstieg spielen zu wollen. Der Klassenerhalt als Ziel alleine reicht ihm nicht, ihm geht es um den „größtmöglichen Erfolg“.

Begeistern und überzeugen muss er niemanden mehr. Die Euphorie ist entfacht.

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